Mobilität in Tönisvorst Bürgerbusverein dämpft Hoffnungen auf Ausweitung

Tönisvorst · Der Tönisvorster Bürgerbusverein braucht weiter Unterstützung - und er kann aus rechtlichen Gründen nicht auch noch Vorst bedienen.

Eine engagierte Truppe: die Fahrerinnen und Fahrer des Tönisvorster Bürgerbusses.

Foto: Lübke, Kurt (kul)

Im August hatte die CDU-Fraktion den Antrag gestellt, die Situation des Bürgerbusses Tönisvorst zu erörtern und dazu einen Vertreter des Bürgerbus Tönisvorst e.V. einzuladen. In dem zuständigen Ausschuss für Sicherheit, Ordnung und Verkehr konnte der Vorsitzende des Bürgerbusvereins Tönisvorst, Horst Dicken, jetzt zur Situation des Bürgerbusvereins und anderen Fragen ausführlich Stellung nehmen. 

Dabei bezog er sich auf einen Zeitungsbericht vom August 2022, in dem die UWT-Fraktion davon gesprochen hatte, dass der Bürgerbus „mehr Potenzial“ habe und eine Erweiterung  der Linien in Bezug auf das Anfahren von Vorst und der Bahnhaltepunkte Krefeld-Forstwald und Anrath zu Pendelspitzenzeiten ins Spiel gebracht. „Es ist schön, wenn man mit uns spricht, aber was da über die Presse ging, das war ärgerlich“, machte Dickel sehr klar. Trotzdem wolle man jetzt „lieber erklärend statt anklagend“ agieren. 

„Wir haben nicht so viel Potenzial“, war gleich eine seiner ersten Aussagen.  In der Frage der Linien sei man nicht „Herr des Verfahrens.“ Die Stadt, die Stadtwerke Krefeld (SWK) und die Bezirksregierung müssten der Anfahrt nach Vorst zustimmen.

Der Bürgerbus ist bei den Linien nicht Herr des Verfahrens

Der mal bestehende Wochenend-Pendelbetrieb Vorst-St.Tönis sei 2010 eingestellt worden, weil die Fahrgastzahlen von 2500 auf 250 pro Jahr zurückgingen, die beiden Firmen, deren Mitarbeiter ihn hauptsächlich nutzten, eigene Busse hatten. Und man habe vor kurzen versuchsweise einmal an zwei Donnerstagen Edeka in Vorst angefahren. „Wir hatten in vier Stunden an einem Tag drei, am zweiten vier Fahrgäste.“

Es habe bereits im Juni 2021 die Frage im Raum gestanden, ob der Bürgerbus zukünftig auch Vorst anfahren soll. Gespräche mit dem Bürgermeister hätten zu dem Ergebnis geführt, dass die Gemeinde diese Frage mit dem Land klären wird.

Gespräche des Vereins mit  den Stadtwerken Krefeld (SWK) und der Bezirksregierung Düsseldorf zur Ausweitung nach Vorst seien damals abschlägig beschieden worden. Die Bezirksregierung habe klar gesagt, dass man das durchaus beantragen könne. Die Einbetonierung der Haltestellen müsste man dann aber als Verein selbst zahlen. Und ein solcher Anträge bräuchte drei bis sechs Monate. „Da bekommt man Schnappatmung“, gestand Dickel.

Wenn der Wunsch nach einer Verbindung nach Vorst bestehe, gebe es nur die Möglichkeit, dort mit zwei Bussen einen eigenen Bürgerbusservice auf die Beine zu stellen und den entsprechenden Antrag zu stellen. Man biete da gerne Hilfe an. „Unser Bürgerbus kann das nicht, weil wir nicht befugt sind. Wir dürfen Personal nicht dafür einsetzen.“ Und es führen alle 20 Minuten die SWK- Linien 062, 064 und 068.

Verluste durch Corona, Dieselpreis und 9-Euro-Ticket

Der 1999 gegründete Bürgerbusverein habe seit der Gründung 1999 bislang 463 000 Fahrgäste transportiert, bis 2021 1,3 Millionen Fahrkilometer zurückgelegt und verfügt aktuell über acht Fahrerinnen und 36 Fahrer, führte Dicken aus. Er dankte dafür, dass man zuletzt an den Markttagen für neue Fahrer haber werben können. Es seien vier neue Fahrer da dazugekommen. „Wir sind eine Ergänzung zum ÖPNV, keine Konkurrenz“, machte der Vorsitzende deutlich. Durch St. Tönis fahre halt kein Gelenkbus. „Für Leute die da wohnen, sind wir lebensnotwendig.“ Man höre täglich Sätze wie „Wenn wir Euch nicht hätten“ von den Fahrgästen.

Bis zum Jahr 2020 habe man ein Fahrgastaufkommen von jährlich 18 000 Personen gehabt, danach coronabedingt nur noch 12 000 Fahrgäste befördert. „Wir sind Bürgerbussen wie Willich oder Schiefbahn weit voraus, aber Corona hat uns voll erwischt“, sagte Dicken. Dadurch habe sich auch das Aufkommen der Fahrgäste verschoben. Mittlerweile führen statt einem Drittel zwei Drittel beeinträchtigte und behinderte Menschen mit.

Was die Finanzierung aktuell angeht, trage sich das Ganze hauptsächlich über Firmensponsoring, Projektförderung und „Zuwendungen“ vom Land. Dankbar zeigte sich Dicken für den vom Rat im September beschlossenen Zuschuss von monatlichen 400 Euro für September bis Dezember. Er äußerte die Hoffnung, dass dieser Zuschuss auf 2023 ausgedehnt werden kann.

Zu den Problemen mit Corona sei kurzfristig noch das 9-Euro-Ticket gekommen. Dadurch seien in drei Monaten 820 Gäste mit dem Ticket einegstiegen. Das habe knapp 1000 Euro an Verlust gebracht. Und durch die Erhöhung des Dieselpreises wende man statt 800 Euro nun 1200 Euro monatlich für das Tanken auf. Eine Fahrzeitenverkürzung ziehe man nicht in Betracht. „Wir haben abends noch so viele Fahrgäste, die werden wir nicht stehen lassen.“

Und den Ticketpreis von 1,30 Euro für Erwachsene und 80 Cent für Kinder anzuheben, helfe in der aktuellen Situation nicht. „Nehmen wir 1,50 Euro, sind das 120 Euro mehr. Das rettet uns nicht.“ Er sei froh, dass es so viele hervorragende Ehrenamtler gebe, die als Fahrer auch zugleich „Sozialarbeiter und Sozialhelfer“ seien, selbst die innerstädtischen Fahrdienste, die Förderanträge beim Land und dem Kreis oder die Öffentlichkeitsarbeit organisierten. „Wenn das nicht wäre, wäre das Problem noch größer.“

Seitens der Politik wurde Verständnis für die Situation des Vereins geäußert. Der Konsens für die finanzielle Hilfe sei unstrittig gewesen, man habe auch die Bereitschaft signalisiert, 2023 zu helfen, sagte Dirk Louy (CDU). Auch die Vorster hätten Bedarf für diese Form der „Sozialarbeit“, fand Silke Depta (SPD)  den Gedanken eines eigenen Bürgerbusservices in Vorst „nicht verkehrt.“