Reitlehrer auf Umwegen

Der Reitverein Charlottenhof in Willich feiert am Sonntag sein 30-jähriges Bestehen. Der Name ist eine Liebeserklärung.

Willich. „Wir haben bisher sehr viele glückliche Tage erlebt“, sagt Charlotte Urbig. Die 78-jährige Senior-Chefin gönnt sich gerade eine kleine Verschnaufpause, sitzt entspannt draußen in ihrem Charlotten-Hof. Ehemann Karl-Heinz, mit dem sie am 1. August 54 Jahre lang verheiratet ist, hat den historischen Hof mit Gastronomie nach seiner Frau benannt. Und etwas Besonderes verbindet die Eheleute nach wie vor: ihre Liebe zu den Pferden. So entstand 1982 der „Reitverein Charlottenhof“, der an diesem Sonntag sein 30-jähriges Bestehen feiert.

„Ich weiß auch nicht, was mit mir passiert ist, aber von heute auf morgen war ich vom Reitsport wie elektrisiert“, erinnert sich der heute 84-Jährige an die Anfänge: Mit über 40 Jahren saß er auf dem Osterather Bommershof zum ersten Mal auf einem Dressurpferd. Kurze Zeit später schaffte er sich ein eigenes Pferd an, sein Sohn Rüdiger bekam das Pony „Nicki“.

Der gelernte Schuhmacher sattelte um, war zunächst einige Jahre als Dreher beschäftigt. Dann begann er auf gastronomischem Gebiet mit der Selbstständigkeit. Gemeinsam mit seiner Ehefrau besaß er in Willich und Osterath gleich vier Grill-Restaurants. Der „Urbig Grill“ war bekannt und geschätzt. „Die Bratwürste von Charlotte waren und sind unübertroffen“, sagen Insider.

Die Eheleute Urbig erstanden dann in den 70er-Jahren den in die Jahre gekommenen Bauernhof an der Alperheide. „Wo jetzt das Restaurant steht, war früher der Kuhstall, hier stand das Plumpsklosett und da, wo wir jetzt wohnen, war damals ein überdachter Misthaufen“, erinnert sich Charlotte. Für die eigenen Vierbeiner wurden die ersten Stallungen gebaut.

Als der Osterather Hof kurz darauf in Konkurs ging, suchten die dortigen Pferde und Reiter ein neues Zuhause. Karl-Heinz Urbig baute an. Aus den zwei Stallungen wurden 40 Boxen, aus der einfachen Traglufthalle eine fest gemauerte Halle in der Größe von 20 mal 40 Metern. Und so nebenbei modernisierte und baute Karl-Heinz Urbig einige moderne Wohnungen auf dem Hof. In einer wohnt Sohn Rüdiger, der den Betrieb offiziell 1999 übernahm.

„Es kamen immer mehr Pferde und Reiter aus Willich und Umgebung zu uns“, erzählt der Senior-Chef, der sich in den 80er-Jahren zum Amateur-Trainer ausbilden ließ und vor allem mit seinem Schimmel „Colombo“ im Dressur-Viereck Erfolge erzielte.

1982 wurde dann der Reitverein gegründet. „Nahezu alle unsere Boxen sind belegt“, sagt Karl-Heinz Urbig. Er gibt immer noch in der Theorie sein Wissen weiter und steht auch mal bei den vielen Reitstunden mit Rat und Tat zur Seite.

„Ich habe gute Leute eingestellt, die mich vertreten“, plaudert der Senior weiter. Er erzählt, dass er mit seiner Frau Charlotte regelmäßig die großen Springreiter- und Dressur-Championate in Deutschland besucht hat. An diesem Sonntag aber bleiben die Beiden auf jeden Fall zu Hause und feiert dort gemeinsam.