Schiefbahn: Vom Bergmann zum Hausmeister
20 Jahre lang arbeitete er als Bergmann. Jetzt verdient Heinz-Jürgen Zöphel seine „Kohle“ über Tage – als Hausmeister des St.Bernhard-Gymnasiums.
Schiefbahn. 1300 St.Bernhard-Schüler, selbst die Neulinge, kennen über kurz oder lang sein Gesicht. Sie begegnen ihm eigentlich täglich. Vielleicht hat er sie schon einmal ermahnt, das Rad auf dem Schulgelände zu schieben. Oder er hat dem einen oder anderen den Klassenraum aufgeschlossen, weil etwas liegen geblieben war.
Hausmeister Heinz-Jürgen Zöphel gehört eben genauso zum St. Bernhard-Personal wie Schulsekretärin Tilgner oder Schulleiterin Peters. Zöphel ist, sagt er selbst über sich, in dem Job "Mädchen für alles".
Vor zwei Jahren wurde aus dem Ein-Euro-Jobber ein Festangestellter, einer, der sich gegen 60 Mitkonkurrenten durchsetzte. Direktor Helmut Schell holte ihn damals in die St.Bernhard-Familie. Seither trägt Zöphel die "Hausschlüssel" der Schule bei sich. "Ich habe drei Monate gebraucht, bis ich die alle auseinander halten konnte."
Die Stelle war der ersehnte Neuanfang. Zöphel hat in seiner Berufskarriere Betriebspleiten erlebt, die wie Pech an ihm haften blieben. Der gebürtige Dattelner, heute 48 Jahre alt, hat 20 Jahre als Bergmann unter Tage gearbeitet, "in der Zeche in Oer-Erkenschwick". "2500 Beschäftigte", sagt er und atmet hörbar aus.
Er betont die Zahl so, als könne er immer noch nicht glauben, dass damals, vor jetzt 16 Jahren, plötzlich Schluss war. Erst für ihn, dann für den Bergbau-Betrieb. "Danach habe ich Lebensmittel für die Firma Maggi ausgefahren." Zöphel saß auf dem Bock eines Lkw. Später fuhr er für ein anderes Unternehmen auf Montage. Bis diese Firma Pleite machte. "Danach war ich zwei, drei Jahre arbeitslos", sagt Zöphel.
Nichtstun behagt ihm nicht. Heute ist er weit davon entfernt. Er ist ein Allrounder mit 50 Stunden-Woche plus Bereitschaft. Tagsüber ist er Elektriker, Schlosser, Maler, Gärtner, Ansprechpartner für Handwerker oder Waren-Transporteure, Kontrolleur der Reinigungskräfte. Abends übernimmt er den Schließdienst. 15 Außentüren, ungezählte Innentüren - da ist die letzte Geländerunde nicht in zwei Minuten getan. "Hier müsste man Kilometergeld bekommen", sagt Zöphel. Ist schließlich 15 000 Quadratmeter groß, sein Zuständigkeitsbereich.
Den kann er sich seit Anfang August mit Wolfgang Lüngen aufteilen, der eine halbe Hausmeisterstelle hat und Zöphel unterstützt. Auch in den Ferien ruht die Arbeit nicht: Defekte Lampen werden ausgetauscht, Steckdosen kontrolliert, das Laub gefegt und die Handwerker koordiniert. "Jetzt kommt man endlich zu was", sagt das Hausmeisterteam und genießt die Ferien-Atmosphäre. "Das Handy klingelt nicht mehr pausenlos. Man kann mal in Ruhe arbeiten," grinst er.
Zöphel mag seine Arbeit: "Sie ist sehr abwechslungsreich, kein Tag ist wie der andere." Sein Dienst beginnt um sieben Uhr, "im Winter, wenn’s schneit, deutlich früher."
Bei der Frage, was er denn besonders schätze an seiner Arbeit in der Schule, muss Zöphel nicht lange überlegen: "Wenn die Kleinen kommen und fragen "Können Sie mir mal helfen", ist das schon nett." Und die Zusammenarbeit mit den Oberstufenschülern mag er besonders. Wenn die beispielsweise ihren Abi-Gag planen, sitzt der Hausmeister mit ihm Boot. Genauso freut er sich über Einladungen zu Abi-Feiern. "Das ist etwas Besonderes."
Zöphels Handy klingelt wieder, zum dritten Mal in diesem Gespräch. Die Pflicht ruft. Zöphel ist schon unterwegs, schnellen Schrittes über den großen und so freien Ferien-Schulhof. Wenn das Kilometergeld gäbe...