Willich/Anrath: Lebenswerk in Trümmern

Der Firmenchef versichert: Ich habe alles versucht, um die Jobs zu retten.

Willich/Anrath. Die letzten Tage und Wochen haben Spuren hinterlassen. In den wenigen Momenten, in denen Hans-Josef Bermes zur Ruhe kommt, spiegelt sich tiefe Traurigkeit in seinem Gesicht. Der Transportunternehmer zeigt auf eine Foto-Collage mit den Kontertfeis seiner Vorfahren zu sehen sind. "Das sind drei Generationen Bermes. Und ich bin derjenige, der das Ding versenkt hat." Der 58-Jährige steht vor den Trümmern seines Lebenswerks.

186 Beschäftigten haben die Kündigung bekommen, Bermes hat für sein Unternehmen die Liquidation beantragt. "Ich habe alles versucht, um die Firma zu retten", sagt er. Privates Geld sei geflossen, sein gesamtes Vermögen investierte er in die Firma - vergeblich. Nein, er suche den Schuldigen nicht woanders. "Ich muss für den ganzen Schlamassel gerade stehen."

Gereizt, sogar ausgesprochen wütend reagiert er auf den Vorwurf von Gewerkschaftsseite, die Angelegenheit habe ein "Geschmäckle": "Ich habe doch die A-Karte."

Was ist schief gelaufen? Bermes denkt eine Sekunde nach. "Das Übel begann mit dem Bau des zweiten Lagers", erklärt er. Das war 2005. Es habe Aufträge von einem Großkunden gegeben, dafür wurden Arbeitsplätze geschaffen. Bermes nennt nicht den Namen des Großkunden, aber natürlich war das Münchheide-Nachbar LG Electronics. "Dann kam ein Einbruch, über 40 Prozent." Schließlich die Trennung.

Fieberhaft lief die Suche nach Alternativen. "Das ist uns nicht gelungen", resümiert der Anrather. Berater von Banken schrieben Gutachten. Das geplante Betriebsergebnis war nicht zu erzielen. Hinzu kamen die in die Höhe geschnellten Energie- und Dieselpreise. "Die Kosten waren plötzlich monatlich um 1700Euro höher, pro Wagen. Und das mal 80, so groß war die Flotte von Bermes Logistik. Dennoch: "Das alles sind nur einzelne Facetten."

Dabei hatte es durchaus Rettungsansätze gegeben, die erfolgversprechend ausgesehen hätten. Sogar die Landesregierung hatte sich bereit erklärt, mit einer Bürgschaft zu helfen. "Hier sind wir letztlich über ein EU-Gesetz gefallen", sagt Bermes. Das hing wohl damit zusammen, dass auf die Schnelle die polnische Niederlassung nicht eingerechnet werden konnte. Plötzlich stimmte die geforderte Eigenkapitalquote nicht mehr - Schluss, Aus. "Ich habe noch eine Woche lang versucht, einen Investor zu finden. Vergeblich!"

Was blieb? Der Firmenchef entschied sich für den Antrag auf Liquidation. "Natürlich habe ich es gezogen", räumt er ein. "Ich wollte die Arbeitsplätze retten. Das ist die Wahrheit."

"Es tut mir wirklich leid. Besonders für die Beschäftigten. Aber ich habe alles versucht." Schließlich habe er dabei auch alles dabei verloren. "Ich habe selbst am Bankautomaten gestanden und kein Geld bekommen." Wie soll es für ihn und seine Familie - Bermes hat Frau und einen siebenjährigen Sohn - jetzt weitergehen? Der 58-Jährige zuckt mit den Schultern. "Meine Verdienstmöglichkeiten werden künftig eher gering ausfallen", sagt er bitter.

Welcher Art waren die menschlichen Begegnungen, die er in den letzten Tagen gemacht hat? Bermes lacht trochen auf. "Ich habe die ganze Palette der Psyche kennen gelernt.