Schulprojekt: Ich muss nur noch kurz das Brot retten. . .
Achtklässler der Willicher Gesamtschule beschäftigen sich mit der Entstehungsgeschichte des Butterbrots.
Willich. Vor den Gesamtschülern der 8e liegt eine „Schiebewurst“: große Scheibe Graubrot, obendrauf eine kleine Salamischeibe. Kunstlehrerin Ute Nießen erklärt: „Ihr müsst die Wurst immer etwas weiter schieben und erst mit den letzten Bissen essen.“
So hat man’s früher in Zeiten von Armut und Knappheit gemacht. Seit zwei Wochen beschäftigten sich 29 Schüler mit dem Butterbrot. „Meistens hole ich mir in der Mensa ein Sandwich“, sagt Maksim Gerstenberger (16). „Meine Mutter schmiert mir jeden Morgen das Pausenbrot und es schmeckt“, sagt Cüneyd Lauer (13).
An diesem Morgen erzählt Christoph Macke (75), langjähriger stellvertretender Schulleiter der Robert-Schuman-Gesamtschule, den Schülern von Nachkriegsjahren — als sein Vater Heinz, Arzt und Geburtshelfer, lieber Brot, Wurst und Butter als Geld für seine Familie haben wollte. Von der Zeit der Bittprozessionen, bevor das Korn heranreifte. Von Menschen, die auch noch Jahre später auf den Brotlaib mit dem Messer ein Kreuzzeichen machten — ihr Dank fürs tägliche Brot.
Heute bestellen Schüler Brötchen, Baguettes, Sandwiches und Croissants. „Wir möchten, dass sich die Schüler wieder ans gute alte Butterbrot erinnern“, sagt Ute Nießen. Gemeinsam mit der Anrather Künstlerin Beate Krempe beschäftigen sich die Achtklässler nun damit und wollen beim „Tag des Butterbrots“ am 25. Juni die Ergebnisse präsentieren. Sie wollen dann mit Bauchläden voller Schnitten andere Klassen auf den Geschmack bringen.
Auf einer Wäscheleine hängen Butterbrottüten, die die Schüler beschriftet haben: „Alles in Butter“, „Butterbrot macht Wangen rot“ oder — zeitgemäßer — mit „Ich muss nur noch kurz das Brot retten. . .“
Ute Nießen erklärt Redewendungen: „In Lohn und Brot stehen“ heißt Arbeit haben. „Kleine Brötchen backen“ sich nicht viel leisten können. Oder „Lieber ein Brot im Sack, als eine Feder am Hut“: lieber etwas Brauchbares in Reichweite als Luxus, an den man nicht herankommt.
Über das geschmierte Salami-Brot hatten einige Mädchen eine etwas andere Sicht. „Ich mag keine Butter, nur Margarine“, sagte eine Schülerin. Vegetarierin Celine (14) sitzt am offenen Fenster und sagt: „Ich kann den Geruch der Salami einfach nicht haben.“
Es ist noch eine Menge Überzeugungsarbeit erforderlich. Die Schüler lernen auch, das restliche Brot nicht einfach wegzuwerfen: Dominik, Luca und Niklas machen kleine Salami-Brotstücke daraus und bieten sie nebenan im Foyer anderen Schülern an, die dort gerade den Afrika-Tag feiern. Das Projekt Butterbrot geht weiter. Es bekommt sogar eine Hauptrolle — in einem Video-Dreh.