Sex und Strom sollen dem Haushalt helfen
Die Stadt Willich plant Steuererhöhungen. Gestern legte der Kämmerer den Doppelhaushalt vor.
Willich. Ein Kämmerer jammert von Berufs wegen gerne: Ganz egal, wie die Zeiten sind — sie sind auf jeden Fall schlecht. Willy Kerbusch, Stadtkämmerer von Willich, kennt die Gefahr solchen Verhaltens: Wenn die Finanzlage wirklich schwierig wird, fällt es schwer, das auch zu vermitteln. Bei der Einbringung des Doppelhaushaltes 2011/2011 gestern Abend im Stadtrat hielt er sich deshalb mit knalligen Formulierungen zurück. Die Aussage blieb aber unmissverständlich: „Die im Vorjahr beschlossenen Einsparungen reichen nicht aus. Um das ,Schiff Stadt Willich’ seetüchtig zu halten, werden größere und längere Anstrengungen erforderlich sein.“
Größtes Problem ist die Liquidität. Über 30 Millionen Euro muss der Kämmerer an kurzfristigen Krediten aufnehmen, um die Stadt zahlungsfähig zu halten. Denn nach wie vor ist die wirtschaftliche Erholung in Willich nicht angekommen, die Steuereinnahmen bleiben hinter den Erwartungen zurück. Kerbusch und seine Geschäftsbereichsleiterin Maria Feiter sind aber optimistisch: Für die zweite Jahreshälfte kalkulieren sie fest mit Mehreinnahmen. Allein bei der Gewerbesteuer sollen es 2011 knapp 33 Millionen Euro sein. Zum Vergleich: 2010 waren es knapp 27 Millionen, im Jahr 2008 — also vor der Finanzkrise — 38 Millionen. Mit einem solchen Ergebnis wird in Willich erst 2013 wieder gerechnet.
Eine Kombination aus Einsparungen und Mehreinnahmen sollen der Stadt über die schwierigen Monate hinweg helfen. Auch eine Finanzkommission des Rates hat Vorschläge vorbereitet. Bereits beschlossen sind Personaleinsparungen in Höhe von 500.000 Euro pro Jahr. Durch selteneres Putzen (etwa in Schulen) sollen weitere 263.000 Euro in diesem und 270.000 Euro im nächsten Jahr in der Kasse bleiben. Weitere 50.000 Euro im Jahr lassen sich einsparen, indem die Stadt den Strom selbst an der Börse kauft. „Dazu bedienen wir uns des Sachverstandes der Stadtwerke, die dafür eine Betreuungspauschale erhalten“, erläutert Kerbusch. Ab 2012 soll es durch Energieeinsparungen (Straßenbeleuchtungen) zu Verbesserungen von 200.000 Euro im Jahr kommen.
Ärger am St. Bernhard-Gymnasium und an der Realschule erwartet Kerbusch mit seinem Vorschlag, während der Umbauphase keine Containerklassen mehr bereitzustellen. Statt dessen soll das Gymnasium ungenutzte Klassenräume der Realschule in Anspruch nehmen.
Die Fortsetzung seines Ärgers mit dem Kreiskämmerer nimmt Kerbusch in Kauf: „Ich habe für 2011 und 2012 keine Erhöhung der Kreisumlage eingeplant“, betont er. Denn während alle Kommunen in der Krise steckten, erwirtschafte der Kreis Überschüsse und müsse auch die Ausgleichsrücklage nicht in Anspruch nehmen. „Das kann nur bedeuten: Die Kreisumlage muss dauerhaft sinken“, fordert Kerbusch.