Sparzwang: "Giftliste" liegt schon bereit
Die Stadt Willich muss sparen wie noch nie. Dazu bereitet Kämmerer Willy Kerbusch eine Liste mit Vorschlägen vor.
Willich. „Alles kommt auf den Prüfstand.“ „Heilige Kühe wird es nicht mehr geben.“ Wenn es um das Thema Sparen geht, sind solche großen Worte in den vergangenen Jahren in der Stadt Willich schon häufig zu hören gewesen. Wie die nackten Zahlen verraten, folgten die ganz großen Taten danach aber nicht.
Beim Dispokredit liegt die Stadt nur noch eine Million Euro unter der festgelegten Obergrenze von 35 Millionen Euro. Die Rücklagen sind aufgebraucht, Ende des Jahres wird nach jetziger Rechnung ein Minus von sieben Millionen Euro übrigbleiben.
Wenn das so weiter geht, sagte Kämmerer Willy Kerbusch im Stadtrat, der in der Kulturhalle tagte, wird sich der Gesamtschuldenstand bis 2016 auf dann 85 Millionen Euro summiert haben. „Diese Entwicklung ist auch im Interesse der Generationengerechtigkeit nicht vertretbar“, betont Kerbusch.
Mit einer Haushaltssperre hat der Kämmerer auf die Entwicklung, die auch auf Einbrüche bei den Steuereinnahmen zurückzuführen ist, für 2012 schon reagiert: Geld wird nur noch ausgezahlt, wenn es unbedingt notwendig oder rechtlich vorgeschrieben ist.
Einige wenige Ausnahmen davon hat der Rat bei seiner Sitzung in Schiefbahn allerdings gemacht: Die Umkleideräume für die Willicher Feuerwehr werden für mehr als 50 000 Euro erweitert, da die jetzigen Zustände nicht mehr hinnehmbar seien. Teils werden Duschkabinen als Spinde genutzt. Damit schnell gebaut werden kann, hat sich die Feuerwehr sogar bereiterklärt, auf die Anschaffung neuer Schutzanzüge noch zu warten.
Bis zu vier Millionen Euro sollen in diesem Jahr auf diesem Weg noch eingespart werden. In der mittelfristigen Finanzplanung bis 2016 sollen es pro Jahr sogar sechs Millionen Euro sein. Um dieses Ziel zu erreichen, bereitet Kerbusch eine „Giftliste“ mit möglichen Einsparungen vor, über die die Politik bis zur Haushaltsverabschiedung im Dezember entscheiden soll.
Braucht die Stadt Willich ein eigenes Archiv? Muss es 120 Kinderspielplätze geben, wenn die jährlichen Kosten pro Platz bei bis zu 20 000 Euro liegen? Braucht jeder Stadtteil ein eigenes Büro der Verwaltung? Können Reinigungsintervalle in öffentlichen Gebäuden oder Pflegeintervalle für Grünflächen verringert werden? Solche Fragen muss die Politik in den kommenden Monaten beantworten. Und auch Steuererhöhungen will der Kämmerer nicht ausschließen.
Als Arbeitsgrundlage für die Fraktionen hat er ein „Fünf-Säulen-Modell“ erarbeitet. Darin enthalten sind Sparvorschläge und Einnahmeerhöhungen, die unter dem Strich besagte sechs Millionen Euro erwirtschaften würden.
Wird es dabei tatsächlich keine „Heiligen Kühe“ geben? Nun, Dieter Lambertz (CDU) kündigte schon an: „Wir wollen in der Fraktion nach Alternativen zu Steuererhöhungen suchen.“ Und Bernd-Dieter Röhrscheid (SPD) hielt nichts von der Idee, auf das Stadtarchiv zu verzichten.
Raimund Berg (Grüne) betonte dagegen: „Es reicht nicht mehr, Leistungen etwas zu senken und beim Personal zu kürzen.“ Politisch entschieden werden müsse, „was uns wirklich wichtig ist“. Für die FDP forderte Franz-Josef Stapel einen Mentalitätswechsel ein — und bemängelte, dass für die Partnerschaftsfeier mit Linselles 20 000 Euro bewilligt worden waren. Eine Kritik, die wiederum Bürgermeister Josef Heyes empörte: Man dürfe die Gastfreundschaft nicht mit Füßen treten.