SPD spürt Rückenwind
Interview: Die neue Willicher Parteispitze will viel verändern. Vor allem junge Leute und Frauen sollen gewonnen werden.
Willich. Parteitag in Dresden, Parteitag in Anrath: Die SPD hat sich nach den Wahlschlappen neu aufgestellt. Die WZ sprach darüber mit dem frisch gewählten Parteichef Jürgen Hansen und seinem Stellvertreter Marcus Mülders.
"Einen Zufall in der Dramaturgie" nennt Hansen die Parteitags-Parallele. Gleichwohl sieht er hier wie dort einen Neuanfang mit einer guten Mischung aus Alt und Jung. "Den Rückenwind aus Dresden müssen wir mit nach Willich nehmen." Mülders sieht gute Ansätze: "Die Depression nach der Kommunalwahl ist überwunden."
Der 35-Jährige soll für frisches Blut in der SPD sorgen. Sofort Vorsitzender werden wollte er aber nicht. "Ich muss noch einiges lernen."
Der Ortsverband soll insgesamt jünger werden: In dieser Zielrichtung sind sich Hansen und Mülders einig. "Für mich zählt aber nicht: Hauptsache jung", betont Mülders. Die Kompetenz sei wichtig. Wie Jürgen Hansen ergänzt, wolle er neben jungen Leuten auch mehr Frauen in die Partei holen: "Die sind leider unterrepräsentiert."
Ohne Kopf geht es nicht - aus dieser Erfahrung will der neue Parteivorsitzende seine Lehren ziehen. So will er sich stärker im SPD-Unterbezirk für die Willicher Interessen engagieren. Im Ortsverband selbst regt er eine Diskussionskultur der einzelnen Stadtteile an, aus der der Vorstand politische Ziele ableitet.
Welche Ziele könnten das sein? "Wir müssen Dinge einfordern, die den Menschen nützen, und dürfen nicht immer sofort nach den Kosten fragen", sagt Mülders. So hat Hansen eine Vorlage zum Nahverkehr fertig, die zur Diskussion gestellt wird. Danach könnte es in Willich bessere Busverbindungen geben - auch wenn das mit höheren Kosten verbunden wäre.
Auch Verbesserungen für die Ortskerne hat die SPD im Blick. In Schiefbahn und Neersen seien jetzt die Investoren am Zug, in Willich müsse man "bedauerlicherweise" die Umgestaltung des Kaiserplatzes zurückstellen. Anrath ist aus Sicht Hansens "ganz schwierig": "Ich hoffe, dass wir hier nicht erst zur 2000-Jahr-Feier mit der Planung soweit sind."
Beide Politiker betonen, dass die SPD sich den schwächsten Gliedern in der Gesellschaft verpflichtet sehe. Vor allem jetzt, wo "schwere Jahre" zu erwarten seien. Dafür habe der politische Gegner keine Rezepte.
Den "eingebauten Kompromiss im politischen Vorfeld" soll es künftig nicht mehr geben. Zwar wolle die SPD keine "Fundamental-Opposition" machen, sagt Hansen. Doch auch in Spar- Zeiten müsse man über notwendige Einzel-Maßnahmen (Beispiel: Kreisverkehr Korschenbroicher/Willicher Straße) diskutieren dürfen.
Ein weiterer Arbeitsschwerpunkt: Schulen. Hansen kündigt dort regelmäßige Besuche der SPD an. Den Auftakt will er an der Pestalozzischule machen, die in der Stadt keine große Lobby habe.
An den Bürgermeister richtet sich die Forderung, die unter Lukas Siebenkotten eingeleitete Verwaltungsreform endlich weiterzuführen. "Das Beschwerdemanagement ist zum Beispiel unter gegangen", kritisiert Hansen. Und nach dem Weggang kompetenter Köpfe in der Verwaltungsspitze müsse Josef Heyes "seinen Führungsstil überdenken".