Schule Abschied nach 23 Jahren MEG
St. Tönis · Schulsekretärin Ingrid Thyssen wird im August 62 Jahre. Dann meldet sich die „schulpflichtige“ Frau vom Gymnasium ab.
In 23 Jahren als Schulsekretärin am Michael-Ende-Gymnasium hat Ingrid Thyssen das Umschaltprinzip perfektioniert. Wie im Modellbau: Erst volle Fahrt, dann mit Vorsicht in die Kurve, bei entsprechendem Signal Stopp, manchmal auch ein Stück im Rückwärtsgang, um dann wieder Tempo aufzunehmen.
Taktung statt Langeweile herrscht hinter der weißen „Theke“ im Sekretariat. „Mal liest man sich gerade konzentriert in eine neue Materie ein, da klingelt das Telefon und zeitgleich kommt ein Schüler herein und braucht Hilfe...“ Ingrid Thyssen allein im Büro? Das kam in Vor-Corona-Zeiten selten vor.
Bald räumt sie ihren Platz. Im August wird Ingrid Thyssen 62. Dann heißt es „Ade, MEG“, ein letztes Winken der „Schulfee“, wie sie Schüler der SV einmal nannten. „Darüber habe ich mich mega gefreut!“
Abschied mit Weggefährten
im kleinen Rahmen
Nach den Sommerferien wird Thyssen noch für ein paar Tage im Sekretariat anzutreffen sein. Am Montag ist sie bereits im kleinen Rahmen mit fünf langjährigen Lehrern und Kollegin Marga Lönnendonker von Schulleiter Paul Birnbrich und Team verabschiedet worden.
„Jetzt kommen doch noch die Tränen. Das wollte ich nicht“, sagt Ingrid Thyssen, als sie über die Schulzeit in St. Tönis spricht. Die Optimistische. Die Kommunikative. Auch sie wird trotz aller Vorfreude auf das, was jetzt kommt, von Wehmut gepackt. „Mein Mann wartet schon fünf Jahre auf mich“, erzählt sie. „Nun hat er bald keine schulpfichtige Ehefrau mehr.“ Ein großer Familienurlaub mit den drei Kindern, deren Partnern und dem vor Kurzem geborenen Enkel Jona ist für Berchtesgarden bereits geplant.
Ingrid Thyssen ist gebürtige Schiefbahnerin, Jahrgang 1958. Sie wuchs in Krefeld auf, ging dort auch zur Schule. Nach dem Hauptschulabschluss mit Qualifikation wollte sie in die gymnasiale Oberstufe wechseln. Doch der Vater favorisierte eine Ausbildung. Ingrid Thyssen wurde Bürokauffrau für Kommunikationswesen und arbeitete unter anderem bei einer Versicherung im Innendienst.
1984 wurde ihr Sohn geboren, vier Jahre später die Zwillingstöchter. Mitte der 1990er Jahre zog es Thyssen zurück in den Beruf, sie stieg als Sekretärin in ein neues Steuerberaterbüro in Krefeld ein. „In den Jahren zuvor hatte sich unheimlich viel getan in der Büroarbeit. Ich hatte vor der Kinderzeit noch auf Schreibmaschine geschrieben.“ Dann aber stand PC-Arbeit an, die Programme Word und Excel mussten von ihr erlernt werden.
1997 rief Elsbeth Kriegel, die damalige Sektretärin der Realschule, bei Thyssen an und erzählte von einer zu besetzenden Schulsekretärinnenstelle am Michael-Ende-Gymnasium. Einem Telefonat mit Direktor Dr. Ingo Miltz folgte schnell ein Einstellungsgespräch, an dem auch Birnbrich teilnahm. Einen Tag später saß Ingrid Thyssen, zunächst in Teilzeit, im Sekretariat. Von 2004 an in Vollzeit.
„Damit ging meine Ära als Reiterin zuende“, sagt Thyssen. Das habe sie damals sehr bedauert. Aber das Hobby mit Dressurreiten und Pflege des Pferdes sei zu zeitaufwändig gewesen.
Die Begegnung mit den vielen jungen Menschen über die Jahre seit 1997 hat sie geprägt. „Man bleibt jung. Muss sich immer wieder auf neue Situationen einstellen.“ Auf Lehrer. Auf Schüler. Auf Eltern. Je nach Situation ein Balanceakt zwischen Nähe und Konsequenz.
„Es steht außer Frage, dass ich das hier alles vermissen werde“, sagt Ingrid Thyssen, die von sich sagt, dass sie schlechte Laune eigentlich nicht von sich kennt.
Vielleicht ist dies das Geheimnis ihres Modells vom perfekten schulischen Umschaltprinzip. In das kann sie ja nun noch ein paar Tage Beate Klinke und Theresa Engelke einweihen, ihre Nachfolgerinnen hinter der weißen Theke im Sekretariat des MEG.