Zeelink-Baustelle Tönisvorst: Einblicke in die Trassen-Baustelle
Tönisvorst · Seit drei Monaten fräst sich die Baustelle für die neue Zeelink-Leitung durch St. Tönis und Vorst. Die CDU war dort zu Gast, um sich das einmal genauer anzusehen.
Die Feinstaubbelastung für die Schuhe ist Gradmesser dafür, wie wenig Regenwasser Tönisvorster Böden in den vergangenen Wochen aufgenommen haben. Auf der Zeelink-Baustelle staubt’s. Und es geht vorwärts. Die Trockenheit begünstigt das Vorankommen der Großbaustelle.
Die St. Huberter, Tönisberger, Tönisvorster und Willicher können dies bis Mönchengladbach und darüber hinaus seit April beobachten. Die 30 Meter breite Trasse für die neue Erdgasfernleitung fräst sich seit drei Monaten durch ihre Flächen. Was passiert dort? Um diese Frage zu klären, bat die Tönisvorster CDU interessierte Mitglieder mit festem Schuhwerk ins Baubüro am Tackweg. Fernleitungsnetz-Betreiber Open Grid Europa bot eine Baustellenbesichtigung mit Haltepunkten zwischen Hüserheide und St. Töniser Straße/Kehn an.
Projektleiter Franz-Josef Kißing, Kollegen und Mitarbeiter nahmen sich fast drei Stunden Zeit für CDU-Chef Dirk Louy, Vize-Landrätin Luise Fruhen und mehr als ein Dutzend weiterer Gäste. Die Zeelink-Bauer setzen seit 2015 auf eine offensive Öffentlichkeitsarbeit. Bürger informieren, mitnehmen, ihnen Bedenken nehmen, erwartbare Proteste gegen ein solch raumgreifendes Großprojekt abfedern – das ist Hintergrund der Trassen-Transparenz. Der Eingriff in fremde Böden ist ein sensibles Terrain. Der gesellschaftlich-unternehmerische Auftrag, die Energieversorgung für Millionen von Haushalte sicherzustellen, greift zum Teil tief in die teils existentiellen Interessen betroffener Grundstücksbesitzer und -bewirtschafter ein. In Tönisvorst gehören rund 90 Prozent der Flächen, die die Erdgasfernleitung durchkreuzt, Landwirten.
Acht Kilometer Pipeline
liegen schon im Boden
„Wir haben hier gute Böden vor Ort“, moderiert Louy deren Sorgen an. Auf den Baustellen-Ackerabschnitten sind die Arbeiten der Bauern stillgelegt. Für 2019 gibt’s Entschädigungszahlungen statt Ernteertrag. Im April schoben Bagger die Kruste von Ackerböden in Vorst und St. Tönis zu Hügeln zusammen, eine Etappe des 216 Kilometer langen Streckenverlaufs. „Acht Kilometer Pipeline liegen im Boden, 23 Kilometer der 18 Meter langen Stahlrohre sind verschweißt“, nennt Kißing aktuelle Zeelink-Zahlen. Die Regelüberdeckung liegt bei 1,20 Meter. So bemessen ist die Mindest-Erdschicht über dem Rohrstrang. Jetzt kommen Kilometer in Tönisvorst dazu.
Die Phase der Vermessung, der zeitfressenden Sondierung von Flächen, in denen Kampfmittel vermutet wurden, und archäologischer Überprüfungen der Böden ist vorbei. Der Weg ist nun frei für den nächsten Schritt auf der Wanderbaustelle: Überall liegen 18 Meter lange Rohre entlang der Trasse bereit. Lkw können bis zu drei der acht Tonnen schweren Rohre am Lagerplatz in Krefeld aufladen und für „Baulos 3“, so heißt der Streckenabschnitt mit Tönisvorst, anliefern. Gerade oder vorgebogen werden die Rohre mit Polyethylen-Isolierung dann auf verkanteten Holzbalken aufgebockt. So warten sie auf ihren Verbund durch hundertprozentig dichte Schweißnähte. „Es ist unsere Aufgabe, eine einwandfreie Qualität des Gases sicherzustellen“, sagt Kißing. Aufgabe von Andreas Dötsch vom Bauunternehmen Anton Meyer ist es, die Leitung einwandfrei in den Boden zu bringen.
Für Landwirte gibt
es Entschädigungen
Entlang der Gesamttrasse musste Zeelink das Gespräch mit 2300 Grundstückseigentümern und Bewirtschaftern suchen. Landwirte, die während der Bauzeit Ertragseinbußen hinnehmen müssen, werden entschädigt. Darunter ein Kartoffelbauer, der Felder zwischen Vorst und St. Tönis hat. Dessen Tochter ist bei dieser Baustellenbesichtigung dabei. Sie spricht über die Sorge um den „lockeren, fruchtbaren und nährstoffreichen Boden“, den ihre Familie bewirtschaftet. Die ausgebrachte und aufgegangene Blühsaat auf den Erdwällen bewertet die junge Frau als „eine gute Maßnahme zur Nährstoffanreicherung des Bodens“. Alles andere werde man abwarten müssen. In diesem Jahr jedenfalls werde es keine eigenen Kartoffeln vom Hof geben. Die dafür vorgesehenen Flächen beansprucht Zeelink. Kißing berichtet, dass Landwirte sich entscheiden können, ihre zur Verfügung gestellten Flächen nach Baustellen-Ende bis zu drei Jahre ruhen zu lassen – gegen eine betriebstypisch verhandelte Entschädigungszahlung. „Doch die meisten gehen direkt wieder in die Intensiv-Bewirtschaftung“, so Projektleiter Kißing.
Der zehn Meter breit festgelegte Schutzstreifen über der Trasse darf später wieder bepflanzt und bewirtschaftet, aber nicht bebaut werden. Tiefwurzelndes Gehölz wird beseitigt. „Wir schützen die Leitung vor dem Menschen. Parkplätze und Radfahrwege sind aber kein Problem“, so Kißing. Nach der Leitungsverlegung wird der Boden des Baustellen-Terrains aufgelockert, die Schichten wieder aufgebracht und dort, wo Bäume und Sträucher standen, rekultiviert. In einem Jahr werden gelbe Schilderpfähle den Trassenverlauf markieren. Wenn man der wieder verschlossenen Bodenkruste die unterirdische Leitung nicht mehr ansieht. Und Besucher sich keine staubigen Schuhe mehr beim Weg quer über die Tönisvorster Äcker holen können.