Freiwillige Feuerwehr „Tue Gutes und rede darüber“
Die Pressesprecher der Freiwilligen Feuerwehren brauchen für ihre Arbeit viel Fingerspitzengefühl.
Willich. 83 Jahre Feuerwehr-Erfahrung sitzen am Tisch im Gemeinschaftsraum der Feuerwache an der St. Töniser Straße. Da ist die Einsatzzeit von Willichs Wehrführer Thomas Metzer nicht eine Sekunde eingerechnet.
Steuerberater Christian Dohmgans, 36, aus Willich, trat der Feuerwehr 1997 bei, ist heute Brandmeister. Ingenieur Lars Greiner, 40, aus Anrath, hat es seit seinem Einstieg 1993 zum Hauptbrandmeister gebracht. Polizeibeamter Bernd Ihlenfeld, 41, Schiefbahn, trägt seit 1995 die blaue Uniform, aktuell im Rang des Brandinspektors. Und Elektromeister Andreas Brons, 41, seit 1992 dabei, ist Unterbrandmeister.
Dohmgans, Greiner und Brons wirken seit zehn, Ihlenfeld seit zwei Jahren an einer diffizilen Schnittstelle der ehrenamtlich arbeitenden Truppe: Als Pressesprecher ihrer Löschzüge bereiten sie für Medien, Öffentlichkeit und Bürger Informationen über Einsätze auf, dokumentieren jedes Löschen, Retten, Bergen — vom Holen der Katze aus dem Baum bis zum Großbrand.
Verlässlich und behutsam zugleich müssen sie vorgehen, denn sie sollen umfassend informieren, ohne die Bürger zu verängstigen. Außerdem gehe es darum, das ehrenamtliche Engagement der Feuerwehr „in die Fläche zu tragen“, so Metzer, frei nach dem Motto: „Tue Gutes und rede darüber.“
Im Einsatz packen die Männer mit an. An den PC setzen sie sich in der Regel erst, nachdem die Schläuche wieder eingerollt und die Wagen wieder in den Hallen stehen. Lars Greiner, zuständig für die Pressearbeit des Löschzugs Anrath und die Gesamtwehr, sagt lachend: „Wir gehen eine halbe Stunde später als die Kameraden ins Bett.“
Es sind bewegte, weil schnelle Zeiten geworden. Früher, sagt Metzer, war es üblich, dass der Wehrleiter auch die Pressearbeit erledigte. „Der Flughafenbrand in Düsseldorf war eine Zäsur.“ Damals habe man ganz deutlich gespürt, wie die Öffentlichkeit da hinterher war, an Informationen zu kommen. „Heute müssen wir schneller reagieren. Innerhalb von fünf Minuten ist ein Ereignis bekannt, es wird darauf in vielfältiger Weise reagiert.“ Laufend informieren in Jetzt-Zeit.
So muss der Einsatzstab der Wehr bei „Großschadenslagen“ nicht nur die Entwicklung des Feuers am Unglücksort, sondern auch das Lauffeuer durchs Netz im Blick haben, um auf eventuelle Falschmeldungen schnell reagieren zu können.
In außergewöhnlichen Lagen wird die Pressearbeit an die Stabsarbeit angedockt. „Sturmtief Ela war so eine Lage“, sagt Metzer, der an der Schnittstelle zur Öffentlichkeit Verlässlichkeit und Fingerspitzengefühl erwartet.
Umso wichtiger sei es, betont er, dass die Kameraden, die die Pressearbeit machen, die Einsatzabläufe kennen, Einsatztaktik erkennen. Dieses Hintergrund- und Fachwissen aus den eigenen aktiven Einsätzen könne ein Seiteneinsteiger ohne Feuerwehr-Erfahrung nicht ersetzen. Metzers Kräfte haben die Gruppenführerausbildung, auch wenn die keine Grundvoraussetzung für Pressearbeit der Feuerwehr ist. Metzer: „Der Pressesprecher muss den Apparat kennen, Fachausdrücke verstehen, Bürgern Zahlen, Daten und Fakten verständlich machen.“ Dabei gelte stets das Vier—Augen-Prinzip zur eigenen Rückversicherung.
Auf die Frage, ob man einen Einsatz, wenn man ihn nach dem aktiven Tun noch „zu Papier“ bringen müsse, eigentlich zwei Mal erlebe, antwortet Lars Greiner: „Der Bericht ist quasi im Einsatz dabei.“ Wie alle Kameraden müsse man in jedem Einsatz damit rechnen, vom Unglück Betroffene auch zu kennen, Freunde, Familie, Nachbarn.
Selten berichten Metzer, Dohmgans, Ihlenfeld, Brons und Greiner öffentlich über Situationen, die allerdings immer häufiger vorkommen: „Schaulustige stellen mittlerweile ein großes Problem dar.“ Dass jeder jederzeit alles sofort aufnehmen und ablichten könne, sei Fluch und Segen der Zeit zugleich. Es passiere, dass Feuerwehrleute beim Retten behindert würden, weil Bürger Szenen filmen oder fotografieren wollten. „Wir müssen zuweilen sogar Platzverweise aussprechen.“
Das gefällt den Feuerwehrleuten nicht. Viel mehr Freude haben sie an positiven Meldungen, wenn Rettung glückt, Schäden gering gehalten und Menschenleben gerettet werden konnten. Oder an kuriosen Einsätzen, die es zu dokumentieren gilt. Thomas Metzer: „Ich bin seit 1982 bei der Feuerwehr aktiv, aber Flusskrebse, wie zuletzt, musste ich noch nie retten. Die Meldung habe ich dann selbst rausgetan.“