Unbekannte Festspiel-Helfer

Sie reißen Karten ab und verkaufen Programme — nach der Vorstellung erinnert sich kaum jemand an die guten Geister.

Neersen. Wenn man nachts von den Schlossfestspielen kommt, sind einem die Bilder der zauberhaften Inszenierungen noch im Kopf. Aber können Sie sich noch erinnern, wer Ihre Karte beim letzten Vorstellungsbesuch kontrolliert hat? Vielleicht waren es Hendrik Kaspers oder Jonas Tendyck. Oder wissen Sie noch, bei wem Sie ihr Programmheft gekauft haben? Vielleicht war es Sabrina Borchardt.

Drei Namen — drei Gesichter, die ebenso wie die Schauspieler zum Festspielensemble gehören. Ihr Verantwortungsbereich sind die Einlasskontrolle und der Verkauf der Programmhefte.

Eineinhalb Stunden vor Vorstellungsbeginn fangen die drei an: Tribüne kontrollieren, Sitze trocken wischen, an der Kasse nachfragen, ob Rollstühle in der Vorstellung sind und dann entsprechend der Anzahl die Stühle aus der ersten Reihe entfernen. Die Liste der Aufgaben ist lang.

Wenn dann endlich alles vorbereitet ist, beziehen sie Stellung an der Einlassschranke und warten darauf, dass die Gäste kommen. „Heute haben wir 345 Karten im Vorverkauf.“ Hendrik Kaspers hat sich erkundigt, er ist schon im zweiten Jahr als Kartenkontrolleur dabei.

Tagsüber studiert er in Venlo und abends wünscht er jedem Zuschauer freundlich „Viel Spaß“. Jonas Tendyck, Abiturient des Lise-Meitner-Gymnasiums, ist in diesem Jahr zum ersten Mal dabei. „Die Arbeit macht Spaß“, sagt er, „es ist ein guter Ferienjob und ich arbeite lieber an der frischen Luft, als in irgendeiner Fabrik.“

Frische Luft gibt es in Neersen genug und an diesem Abend auch keinen Regen. „Wenn es regnet, kann der Job hier beim Einlass schon mal ein wenig anstrengend sein“, sagt Hendrik Kaspers. „Dann müssen wir nicht nur auf die Eintrittskarte achten, sondern auch kontrollieren, dass niemand mit Regenschirm in den Zuschauerraum geht.“

Mittlerweile ist es 19.35 Uhr. Von der Regieassistentin kam das „Okay“, die Zuschauer dürfen jetzt aufs Gelände, aber noch ist nicht viel los. „Die meisten kommen zwischen acht und zwanzig nach acht“, sagt Kaspers. In der Zwischenzeit hat auch Geschäftführerin Doris Thiel beim Einlasspersonal vorbeigeschaut. „Heute ist das Wetter gut, wir werden sicherlich noch einige Karten an der Abendkasse verkaufen“, meldet sie den beiden Aushilfen.

19.50 Uhr: Zwei Schauspieler kommen am Tor bei Hendrik Kaspers und Jonas Tendyck an. Die beiden dürfen durch — auch ohne Eintrittskarte. „Wir kennen die meisten von Ensemble, und wenn nicht, dann fragen wir nach oder Frau Thiel gibt uns ein Zeichen,“, sagt Jonas Tendyck.

Um 20 Uhr wird es langsam voll vor dem Tor und auf dem Vorplatz der Tribüne. Mittlerweile wollen schon rund 370 Leute die heutige Vorstellung von „Bzahlt wird nicht sehen. Hendrik und Jonas haben nun alle Hände voll zu tun. Karte kontrollieren, Kontrollstreifen abreißen, jedem Zuschauer persönlich „Viel Spaß“ oder „Viel Vergnügen“ wünschen und eine Feedback-Karte in die Hand drücken. Auch bei Sabrina Borchardt geht es jetzt rund. Sie verkauft Programmhefte, ein paar Regencaps, gibt Auskunft über Länge des Stückes, wann die Pause ist und wo die Toiletten sind.

Wenn es dann um 20.30 Uhr losgeht, wird auch das Haupttor geschlossen, und bis zur Pause darf niemand mehr den Schlossinnenhof betreten. Zusammen bauen die Aushilfen den Tisch mit den Programmheften ab und räumen die Absperrungen weg. Alles äußerst leise, damit die Vorstellung nicht gestört wird.

Dann heißt es warten und aufpassen, dass niemand die Vorstellung stört. Gemeinsam setzen sich Hendrik und Jonas auf eine der Bänke im Innenhof. Erst nach dem Ende der Vorstellung, wenn alle Zuschauer den Hof verlassen haben, ist auch für sie Feierabend. Die einzigen, die schon vorher gehen dürfen, sind die Frauen der Abendkasse und Sabrina Borchardt — die freundliche Dame vom Programmheftverkauf.