Willich Verschüttete Spuren aufgedeckt

Seit 1988 beschäftigen sich St.-Bernhard-Schüler mit der Geschichte Willicher Juden. Eine Quellensammlung liegt jetzt vor.

Foto: Reimann

Willich. Celine Cont und Thomas Beschoten haben 2014 ihre Abiturprüfung bestanden. Doch sie und etliche andere ehemalige Schüler des Schiefbahner St.-Bernhard-Gymnasiums haben an der Schule und in der Willicher Stadtgeschichte Spuren hinterlassen. Das dokumentiert ein knapp 100-seitiges Buch, das am Montag im Heimatmuseum „Kamps Pitter“ vorgestellt worden ist. Interessierte Zuhörer waren dabei die Schüler der Klasse 8b mit ihrem Lehrer Mario Harperscheidt.

„Sachor“ (hebr.: „Gedenke“) heißt die Quellensammlung zur Geschichte der Juden in der Stadt Willich. „Sie ist das Resultat einer langjährige Zusammenarbeit des Gymnasiums mit dem Stadtarchiv, die schließlich in die gemeinsame Bildungspartnerschaft mit dem Heimatmuseum mündete“, betonte Kulturdezernentin Brigitte Schwerdtfeger bei der Vorstellung der Edition.

Bernd-Dieter Röhrscheid, ehemals Lehrer am Gymnasium, erinnerte sich: 1988 kam aus einer achten Klasse heraus der Impuls, an dem Landes-Geschichtswettbewerb „Verschüttete Spuren“ teilzunehmen. Die Schüler schrieben damals ehemalige Willicher Juden an, die vor dem NS-Terror ins Ausland fliehen konnten, an und erhielten Antworten aus aller Welt. Vor allem die umfangreichen Schilderungen von Else Buxton, Lore Brieger und Kurt Servos sind bis heute wertvolle Zeitdokumente, die nun in die Quellensammlung eingeflossen sind.

Viele weitere Projekte zur Geschichte der Willicher Juden folgten am St. Bernhard. Die Schüler legten dabei Spuren von rund 1000 Biografien frei. Röhrscheid erinnerte unter anderem an die Errichtung des Mahnmals für die jüdischen Opfer der NS-Zeit auf dem Gelände des Gymnasiums und die Beteiligung am „Zug der Erinnerungen“.

Wiederum auf Initiative der Schüler kam es 2011 zur Idee einer Stolpersteinverlegung in Willich. „Denn von den betroffenen Willicher Juden gibt es keine Gräber“, so Bernd-Dieter Röhrscheid. Mittlerweile wurden durch den Kölner Gunter Demnig 66 Stolpersteine im Stadtgebiet verlegt. Die nächste Stein-Verlegung soll im Dezember in Schiefbahn und Neersen stattfinden. Die Finanzierung der Aktionen sei vor allem durch den Sieg beim Schulpreis für den Kreis Viersen möglich gewesen, den die WZ gemeinsam mit der Sparkasse Krefeld ausgerichtet hatte, so Röhrscheid.

Doch zurück zu der Quellensammlung. Im Rahmen der Recherchen zur Stolpersteinverlegung setzte sich der Schüler Thomas Beschoten mit dem 1939 nach England geflohenen Ernst Lion in Verbindung. Ein interessanter Briefwechsel kam zustande. Und Celine Cont gelang es, mit dem letzten noch im Stadtgebiet lebenden Holocaust-Überlebenden, Alfred Mayer, ein Interview zu führen. Er habe sich ihr „geöffnet“, denn junge Leute gelinge oft ein anderer Zugang, so Stadtarchivar Udo Holzenthal.

Beide Texte finden sich in der Quellenedition. Diese biete viele Ansatzpunkte, sich weiter mit den Willicher Juden zu beschäftigen, so der Archivar. Und auch Bernd-Dieter Röhrscheid betonte mit Blick auf die Klasse 8b: „Wir wollen bei Euch das Interesse für Geschichte wecken.“