Tönisvorst Versorgungslage ist katastrophal

Stefan Marx, Anrather und früherer Entwicklungshelfer, berichtet über die Lage im Südsudan.

Vorst/Anrath/Gumbo. Vor fünf Jahren hatte sich der Südsudan vom nördlich gelegenen Sudan nach einem Volksentscheid getrennt und für unabhängig erklärt. Doch das Land kommt nicht zur Ruhe. Seit Monatsbeginn kommt es immer wieder zu Kämpfen, die Hauptstadt Juba und die weitere Umgebung waren am stärksten betroffen. In Gumbo, nur acht Kilometer südöstlich von Juba entfernt, versorgt das Hilfswerk action medeor in Kooperation mit anderen Partnern eine Gesundheitsstation mit Medikamenten und medizinischem Material. Stefan Marx von action medeor besucht die Gesundheitsstationen in regelmäßigen Abständen und hält Kontakt zu den Partnern. Der Anrather hat 23 Jahre als Entwicklungshelfer in Afrika gearbeitet. Seit einem Jahr koordiniert er überwiegend die Hilfe im frankophonen Afrika für action medeor. Ein Interview.

Foto: action medeor

Internationale Mitarbeiter von Hilfsorganisationen wurden wegen der wieder aufflammenden Gewalt evakuiert. action medeor arbeitet mit mehreren einheimischen Partner vor Ort zusammen. Haben Sie Kontakt?

Stefan Marx: Nach der von verschiedenen Regierungen angeordneten Evakuierung müssen Mitarbeiter von Hilfsorganisationen und Entwicklungshelfer unmittelbar Folge leisten. Lediglich Personal von Ordensgemeinschaften bleibt dann zumeist vor Ort, zu diesen halten wir weiterhin den Kontakt aufrecht. Von ihnen werden wir momentan insbesondere auf die katastrophale Versorgungslage aufmerksam gemacht. Mit der Evakuierung von zehntausenden Händlern aus Uganda und Kenia wird die Versorgung mit Nahrungsmitteln ein großes Problem. Die Preise sind momentan schon aufgrund der wirtschaftlichen Krise, die mit der ständigen Unsicherheit einhergeht, in vorher nicht gekannte Höhen angestiegen.

In Gumbo und den umliegenden Dörfern leben rund 30.000 Menschen. Wie ist die Gesundheitsversorgung?

Marx: Unsere Partnerorganisation unterhält ein Gesundheitszentrum in Gumbo, die von südkoreanischen Ordensschwestern geleitet wird. Die Einwohner bezahlen für eine Behandlung einen kleinen festgesetzten Beitrag, der die ärztliche Beratung und die verschriebenen Medikamente beinhaltet. Doch es kommen immer mehr Binnenflüchtlinge - im Februar waren es bereits 3000. Die Schwestern haben große Sorgen, dass sie die medizinische Versorgung nicht mehr lange aufrechterhalten können. Die Flüchtlinge haben nichts und werden kostenlos behandelt.

Wie lange kann die medizinische Versorgung der Menschen in Gumbo aufrechterhalten werden?

Marx: Glücklicherweise hatten wir kurz vor den wieder aufflammenden Kämpfen im Mai eine größere Lieferung an vier Gesundheitsstationen - darunter auch an Gumbo - erfolgreich in das Land gebracht. Dadurch ist dort die medizinische Versorgung trotz der vielen Flüchtlinge noch gesichert.

Von Mai bis Oktober ist in der Region Regenzeit. Woran leiden die meisten Patienten?

Marx: Die Regenzeit macht das Leben vor allem für die Flüchtlinge noch schwieriger. Viele Patienten haben Malaria. Gerade für kleine Kinder ist die Krankheit sehr gefährlich. Außerdem kommt es in den Flüchtlingslagern aufgrund der wenigen Latrinen und Waschmöglichkeiten zu gefährlichen Infektionen. Bei Kindern stehen Durchfallerkrankungen an erster Stelle. Es wird derzeit auch wieder von Cholera in Juba berichtet, dies war auch in den Vorjahren fast regelmäßig der Fall.

Plant action medeor weitere Medikamentensendungen?

Marx: Sobald es die Situation zulässt, werden wir basierend auf konkretem Bedarf weitere Hilfssendungen packen. Der Transport über Land ist allerdings derzeit zu gefährlich. Wir werden sie deshalb per Luftfracht über Juba auf den Weg bringen. Und wir hoffen, dass wir dank unserer langjährigen lokalen Partner die Hilfe sicher zu den Menschen bringen können. Denn, so wie ich die Lage einschätze, werden schon bald dringend weitere Medikamentensendungen erforderlich sein. Wir werden außerdem prüfen, ob wir für die Flüchtlinge Zelte und therapeutische Nahrung bereitstellen können. Tausende Menschen haben ihre Häuser verlassen und suchen Schutz in der Wildnis oder bei Hilfsorganisationen wie bei den Schwestern in Gumbo. Für diese Hilfe brauchen wir jetzt dringend Spenden. Red