Tönisvorst Wenn Lebensretter stecken bleiben
Geht die Feuerwehr in den Einsatz, zählt jede Sekunde. Allerdings gibt es Probleme in Form von Falschparkern.
Tönisvorst. Die Drehleiter des Löschzuges St. Tönis der Freiwilligen Feuerwehr Tönisvorst schiebt sich langsam und vorsichtig über die Gerhart-Hauptmann-Straße in Tönisvorst. Es ist Millimeterarbeit, die Rolf Peschken, Leiter der Feuerwehr Tönisvorst, am Steuer des 2,50 Meter breiten — die Spiegel nicht mitgerechnet — und zehn Meter langen Einsatzwagens leistet.
Michael Steeg, Pressesprecher der Tönisvorster Feuerwehr, zur Situation,wenn ein Einsatzfahrzeug zugeparkt ist.
Genau gegenüber einer Ausbuchtung für eine Grünanpflanzung hat ein Autofahrer seinen Wagen geparkt und die Straße dermaßen verengt, dass ein größeres Fahrzeug kaum eine Chance hat, durchzukommen. Äste schrappen am Einsatzfahrzeug vorbei, als es im Schneckentempo vorwärts geht. Es ist eine routinemäßige Bewegungsfahrt der Feuerwehr, aber sie zeigt, was die Wehrleute tagtäglich bei Einsätzen erleben, nämlich durch Autos zugeparkte Straßen, durch die nahezu kein Durchkommen ist.
Wie dramatisch die Situation auf den Straßen ist, gerade in den reinen Wohngebieten ist, spiegelt kurze Zeit später die Ecke Wolfgang-Borchert-Straße in St. Tönis wider. Genau an der Ecke parkt ein Auto völlig verkehrswidrig. Für die Drehleiter ist hier Schluss. Es ist nicht möglich, in die Straße abzubiegen. Der gut zwei Meter lange Vorbau der Drehleiter hängt in der Hecke des gegenüberliegenden Hauses fest, das Heck des Feuerwehrfahrzeuges steht Millimeter neben dem Auto. Würde Peschken weiter fahren, entstünde ein Sachschaden an dem Falschparkerfahrzeug.
„Im Notfall, wenn Leben in Gefahr sind, würden wir durchfahren“, sagt Michael Steeg, der Pressesprecher der Feuerwehr Tönisvorst. Unter dem Satz „Wenn die Verhältnismäßigkeit der Mittel gegeben ist“, wie es im Fachjargon heißt, darf die Feuerwehr so handeln. Doch soweit muss es erst gar nicht kommen, wenn Autofahrer ihr Parkverhalten überdenken.
Das Hauptproblem liegt auf der Hand: Die Garagen dienen als Unterstellmöglichkeit für alles Mögliche, aber nicht für ein Auto. Vor dem Hintergrund, dass die meisten Haushalte zwei Wagen oder mehr haben, reicht dann auch der Stellplatz vor der Garage nicht mehr. Es wird auf der Straße geparkt, ohne an mögliche Folgen zu denken.
Ein weiteres Problem der eng zugeparkten Straßen ist auch der Einsatz an sich. Wenn eine Drehleiter benötigt wird, um einen Löschangriff durchzuführen, braucht man eine Menge Platz. Vor mehrstöckigen Wohnhäusern gibt es so eigene Feuerwehrbewegungsflächen, die entsprechend gekennzeichnet sind. Auf ihnen darf nicht geparkt werden, was Autofahrer aber nicht abhält, ihr Fahrzeug dort abzustellen.
Wolfgang Schouten, Ordnungsamtsleiter in Tönisvorst
Das Ordnungsamt der Stadt Tönisvorst geht die Flächen entsprechend ab und verteilt Verwarnungsgelder in Höhe von 30 Euro. Wer generell so parkt, dass Feuerwehr und Rettungsdienste behindert werden, muss je nach Grad der Behinderung mit Bußgeldern zwischen 15 und 25 Euro rechnen. „7000 bis 8000 solcher Falschparker haben wir durchschnittlich pro Jahr in unserer Stadt“, sagt Ordnungsamtsleiter Wolfgang Schouten.
Bei der Bewegungsfahrt sind Peschken und Steeg inzwischen nach weiteren Extremsituationen, darunter auch das Parken genau gegenüber einer Straßenmündung, was eine Einfahrt in die Straße für die Drehleiter unmöglich macht, am Wilhelmplatz angekommen. Hier geht nichts mehr. In der Einbahnstraße steht ein Fahrzeug links am Rand und verkleinert die Straße dermaßen, dass das Feuerwehrfahrzeug nicht durchkommt. Den Fahrer, der in aller Ruhe zu seinem Auto geht, scheint es wenig zu interessieren, dass er blockiert.
Nur eins ist klar: Im Notfall zählt jede Minute. Menschenleben können davon abhängen.