Geheime Abstimmung im Willicher Stadtrat Kämmerer-Abwahl in Willich ist gescheitert

Willich · Raimund Berg konnte am Mittwochabend aufatmen. Er bleibt Kämmerer in der Stadt Willich. Warum der Antrag auf seine Abberufung nicht genügend Stimmen erhielt.

Die geheime Abstimmung ergab 30 Stimmen für eine Ablösung, 19 Nein-Stimmen und drei Enthaltungen.

Foto: Stadt Willich

Eine von vier Fraktionen (CDU, SPD, FDP, „Für Willich“) beantragte Abwahl des Willicher Kämmerers Raimund Berg (Grüne) ist am Mittwochabend gescheitert. Die von den Grünen beantragte geheime Abstimmung ergab 30 Stimmen für eine Ablösung, 19 Nein-Stimmen und drei Enthaltungen. Damit wurde die notwendige Zweidrittelmehrheit von 36 Stimmen bei 52 Stimmberechtigten (51 Ratsmitglieder und der Bürgermeister; ein Ratsmitglied fehlte entschuldigt) deutlich verfehlt.

Das Abstimmungsergebnis ist heikel: Den Antrag auf Abwahl Bergs hatten im Juni noch insgesamt 38 Ratsmitglieder der vier Fraktionen unterzeichnet und bei der Verwaltung eingereicht. Hintergrund war die Unzufriedenheit der Fraktionen mit der Arbeit des Kämmerers: Sie werfen ihm – zusammengefasst – vor, dass er im Haushalt Zahlen vorgelegt habe, auf die man sich nicht habe verlassen können, hatte Bürgermeister Christian Pakusch (CDU) jüngst beschrieben.

Abseits der reinen Abstimmung, die laut NRW-Gemeindeordnung ohne vorherige Aussprache zu erfolgen hatte, zeigte sich, dass das Verhältnis der Grünen zu den anderen Fraktionen zumindest sehr schwierig ist. Zu Beginn – noch vor dem Aufrufen des Tagesordnungspunktes – verwahrte sich der CDU-Fraktionsvorsitzende Paul Schrömbges gegen den Inhalt einer E-Mail des Grünen-Fraktionsvorsitzenden Christian Winterbach von Dienstag an die Verwaltung. Dieser hatte geschrieben, er habe die Information erhalten, dass die Stimmzettel für die Abstimmung am Montag in der CDU-Fraktionssitzung „vorgestellt“ worden seien. Winterbach hatte unter anderem gefragt: „Wie kann sichergestellt werden, dass bei der morgigen Abstimmung keine der vorab ausgegebenen Stimmzettel in die Wahlurne gelangen?“ Dies hatte die Verwaltung in einer Mail als falsch und ein mutmaßliches „Missverständnis“ bezeichnet. Winterbach hatte sich dann gegenüber der Verwaltung für die „entstandene Verwirrung“ entschuldigt. Schrömbges kritisierte, Winterbach habe ihm und der CDU eine „Wahlfälschungsabsicht“ unterstellt. Sein Verhalten sei „in Stil und Inhalt nicht erträglich“.

Nachdem Bürgermeister Pakusch das Abstimmungsergebnis verkündet hatte, gab es Applaus von den Grünen und einigen Zuhörern für den Kämmerer. Berg bedankte sich für das Ergebnis und erklärte: „Ich hoffe, dass Sie mit mir weiter zum Wohle der Stadt arbeiten wollen.“ Er lade jeden ein, mit ihm die Arbeit zu verbessern. Dann eskalierte die Sitzung: Merlin Praetor (Grüne) sagte, den anderen Fraktionen „passe“ das Parteibuch des Kämmerers nicht. Berg sei „von geradem Charakter“, er wisse zu viel und sei sperrig. Nun sei ein „Zusammenraufen an der Stadtspitze gefragt (…) Dr. Schrömbges und sein roter Komparse sind für die kommunale Krise hier verantwortlich“. Dies veranlasste Bürgermeister Pakusch zu der Ermahnung, keine persönlichen Angriffe zu formulieren: „Es ist verdammt dringlich, zusammen zu
rücken.“

Als Praetor im weiteren Verlauf davon sprach, Schrömbges und Lukas Maaßen (SPD-Fraktionsvorsitzender) sollten „mit Demut und Reue (..) persönlich Konsequenzen ziehen“, entgegnete Schrömbges: „Von Demut haben Sie keine Ahnung. Sie rufen zu Zusammenarbeit auf und treten anderen Leuten vors Bein.“ Auch Pakusch wurde sehr deutlich: Er sorge sich um seine mehr als 1000 Mitarbeiter, „was über mich gesagt wird, ist egal (…) Das Verhalten einiger Ratsmitglieder ist nicht würdig (…) Denken Sie verdammt noch mal an Ihren Eid, den Sie geschworen haben: zum Wohle der Stadt!“ Als sich Julia Praetor (Grüne) noch zu Wort melden wollte, meinte ein sichtlich angefasster Pakusch: „Ich höre die Zwischenrufe in den Sitzungen. Frau Praetor, lassen Sie es doch einfach!“

Prägnant war das Bild des Rates am Ende der öffentlichen Sitzung: Als die Zuschauer den Ratssaal verließen, saßen viele Ratsmitglieder mit mindestens nachdenklichem Gesicht in ihren Sesseln.