Politik in Willich Willich hat einen Haushalt für das laufende Jahr
Willich · Nach dem Eklat in der vorangegangenen Sitzung hat der Willicher Rat den Haushalt für 2024 endlich beschlossen. Die Grundsteuer, Stein des Anstoßes beim vorherigen Versuch, wird nun moderater angehoben.
(svs) Schon bevor die Ratssitzung im Schloss Neersen beginnt, ist Wilfried Schrömbges, der CDU-Fraktionsvorsitzende, gut gelaunt. „Alles ist abgesprochen. Im Prinzip können wir gehen“, scherzt er. Und tatsächlich: Die Fraktionsvorsitzenden haben ganze Arbeit geleistet. Alles ist bis ins Detail konzipiert. Bürgermeister Christian Pakusch (CDU) hat sogar eine regelrechte Regieanweisung bekommen. Als er die ersten Tagesordnungspunkte zum Haushalt aufruft, zeigt er einen Zettel. „Eigentlich rede ich lieber frei, ich habe aber hier eine Anweisung erhalten“, sagt er und lacht. In einer kurzen persönlichen Erklärung lobt er dann zunächst das Verhalten der Politik. „Was wir hier erleben, ist Demokratie in Reinkultur. Es wurde ein für alle Seiten tragfähiger Kompromiss ausgearbeitet. Ein Lob geht auch an den Verwaltungsvorstand“, sagt er. Das vorbereitete Skript aber kommt erst verspätet zum Einsatz, denn die Fraktion „Für Willich“ crasht das Bild der Einigkeit. „Es ist schade, dass zwei der drei Fraktionen, die sich klar gegen eine Erhöhung der Grundsteuer ausgesprochen haben, jetzt abspringen. Wir bleiben dabei, dass wir gar keine Erhöhung wollen“, sagt Martin Dorgarthen. Die Belastungen für Haushalte seien zu hoch, allein der Preis für Trinkwasser sei um 20 Prozent gestiegen. Außerdem seien Einsparpotenziale gefunden worden, die die Erhöhung unnötig machten, betont er.
Das bringt den SPD-Vorsitzenden Lukas Maaßen auf die Palme. „Wir alle haben am Dienstag zusammengesessen und uns geeinigt. Wir wollten alles ruhig über die Bühne bringen. Jetzt wird die Erhöhung des Wasserpreises angeführt. Das macht wenige Euro für eine Familie aus und Frau Stoll [Für-Willich-Vertreterin im Aufsichtsrat] kann ja mal sagen, wie sie abgestimmt hat“, schimpft er.
Auch Pakusch spricht von „im Schnitt 3,75 Euro pro Haushalt im Monat“ durch die Erhöhung der Steuer. Auch Schrömbges wirkt genervt und verweist auf den gemeinsam vereinbarten Fahrplan. Dennoch, während alle anderen Fraktionen in gesonderter Abstimmung der Grundsteuererhöhung zustimmen, ist „Für Willich“ dagegen.
Erstaunlich aber: Bei der finalen Verabschiedung des Haushalts in seiner Gesamtheit – also mit den erhöhten Einnahmen aus der Grundsteuer – stimmt auch die Wählergruppierung zu. Ein Verhalten, das intern sicher noch für viele Diskussionen sorgen wird. Am Ende aber bleibt, dass Willich nun einen Haushalt hat und etwas sorgenfreier in die Zukunft schauen kann. Dass dieser ein nur halb so großes Defizit ausweist, wie zunächst errechnet, in großer Einigkeit erzielt wurde und die Belastungen für Bürger in Grenzen bleiben, ist in der Tat, wie Pakusch sagt, ein beeindruckendes Zeugnis funktionierender Demokratie – trotz aller Missklänge.