Kinder, die mit dem jüdischen Mädchen Jenny Servos spielten, mussten mit schlechten Noten rechnen. Später wurde das Anrather Mädchen von der Schule verwiesen.

Henni Servos, ein weiteres jüdisches Mädchen, Jahrgang 1927, wohnte mit Eltern, Onkel und Bruder Kurt im Haus am Kirchplatz 21. Vater Herbert kam 1938 in „Schutzhaft“, wurde 1941 nach Riga deportiert und später ermordet. Den anderen Familienmitgliedern gelang 1939 die Flucht in die USA. Henni hat sich zeit ihres Lebens geweigert, nach Deutschland zurückzukehren. „Sie wollte noch nicht einmal mehr über Deutschland fliegen“, sagt Peer.

Er ist einer der fünf Schüler des Lise-Meitner-Gymnasiums, die im Rahmen der „Zeitzeugen-AG“ jüdisches Leben in Anrath zur Zeit des Nationalsozialismus aufarbeiten. Begleitet werden sie von Lehrerin und Initiatorin Katja Wagner und Historikerin Iris Gillessen-Brandt.

Die Schüler können nach fast eineinhalbjähriger Forschungsarbeit zu 17 Biografien jüdischer Bürger aus Anrath zig hunderte dieser bedrückenden Recherche-Mosaiksteine zusammenfügen. In Zusammenarbeit mit dem Stadtarchiv Willich (Leiter Udo Holzenthal) und Bernd-Dieter Röhrscheidt bereiten sie die bevorstehende Stolpersteinverlegung in Anrath vor. Am 9. Dezember werden an sieben Stellen im Ort 19 Steine gegen das Vergessen verlegt.

Fünf Interviews mit Zeitzeugen aus Anrath haben die Schüler nachhaltig beeindruckt. „Auch die Arbeit im Stadtarchiv hat die Schüler fasziniert“, sagt Katja Wagner. Beim Studieren von Originalakten und Fotobeständen wurde die AG-Zeit oft weit ausgedehnt. „Das steht im Internet — den Satz habe ich schon lange nicht mehr gehört“, sagt Gillessen-Brandt.

Im Januar werden Recherche-Ergebnisse in der Schule vorgestellt. Für das Heimatbuch Anrath ist ein Aufsatz geplant.