Volkspartei in der Krise Querelen innerhalb der Leverkusener SPD

Leverkusen. · Gerangel um Schlüsselpositionen geht weiter. Finanzpolitische Sprecherin ausgehebelt.

Am Tag der Deutschen Einheit zeigt sich die Leverkusener SPD gern geschlossen (wie hier 2018).

Foto: Uwe Miserius

Die Machtkämpfe innerhalb der Leverkusener SPD gehen unvermindert weiter und wachsen sich zunehmend zu einer innerparteilichen Zerreißprobe aus. Nach der von vielen Genossen als „Putsch“ empfundenen Ablösung der Parteivorsitzenden Aylin Dogan durch eine überraschende und letztlich erfolgreiche Kampfkandidatur Jonas Bergmanns geht das Gerangel um Mandate und Schlüsselfunktionen innerhalb der Partei weiter. Bei einer Versammlung im Ortsverein Schlebusch/Alkenrath kam es nun erneut zu einem Eklat: Die finanzpolitische Sprecherin der SPD-Ratsfraktion Milanie Hengst (48) schaffte es bei der Wahl nicht mehr in den Vorstand. Statt ihrer wurden die altgedienten Ratsherren Dieter März und Gerd Masurowski gewählt. Auch die Bezirkspolitiker Michael Hüter und Jens Fraustadt wurden abgewählt. So weit, so demokratisch.

Für Aufregung sorgt ein anderer Umstand: Vor der Wahl sollen Mitglieder in den Ortsverein gewechselt haben, die eigentlich aus anderen Stadtteilen kommen, heißt es aus Parteikreisen. Voraussetzung war ein Beschluss des Unterbezirksvorstandes. Durch diese Verschiebung der Mehrheitsverhältnisse im Ortsverein soll es überhaupt möglich geworden sein, Milanie Hengst – die Finanzbeamtin gilt als fachlich profilierte Ratsfrau mit Ambitionen auch für höhere Aufgaben – im Vorstand auszuhebeln, heißt es weiter. Das erinnert in fataler Weise an die Vorgänge bei der Wahl Bergmanns zum Parteivorsitzenden.

War die Wahl des
Vorsitzenden ein „Putsch“?

Die Anhänger der früheren Parteichefin Aylin Dogan sagen ja, die Unterstützer Bergmanns verneinen das. Vordergründig war es eine Kampfkandidatur eines Vorstandskollegen, die sehr kurzfristig und überraschend kam, und die die innerparteilichen Regeln formal nicht verletzt hat. Aylin Dogan hatte ihre Kandidatur am Wahltag zurückgezogen. Doch auch hier zählen die Umstände. Insidern zufolge hatte es vor der Wahl einen auffälligen Zulauf von Genossen, überwiegend Menschen mit Migrationshintergrund, gegeben. Sie sollen größtenteils von Ismail Kutbay angeworben worden sein. Der ist Mitarbeiter der Landtagsabgeordneten Eva Lux und des Bundestagsabgeordneten Karl Lauterbach und Ortsvereinsvorsitzender in Manfort/Wiesdorf. Kutbay hatte auf Anfrage bestätigt, dass trotz der anhaltenden Krise der Volkspartei SPD, es den Leverkusener Genossen gelungen war, seit Januar dieses Jahres rund 100 neue Mitglieder anzuwerben (Gesamtmitgliederzahl 720), 40 davon sollen angeblich auf Betreiben Kutbays allein in Manfort/Wiesdorf eingetreten sein. Inzwischen spricht man nicht nur in der SPD von einer „wundersamen Genossenvermehrung“. Innerparteiliche Kritiker glauben nicht an ein Wunder, sondern sehen Kutbays Aktivitäten als gezielte Anwerbung von Stimmen zur Erweiterung einer Machtposition.

Wer kämpft gegen wen?

Die Gräben verlaufen mal parallel, mal quer durch die Partei. Alt gegen jung, Etablierte gegen neue Hoffnungsträger, Ortsverein gegen Ortsverein. Als wichtigste Drahtzieherin wird immer wieder Eva Lux (61) genannt. Die Landtagsabgeordnete und Bürgermeisterin hat tatsächlich etwas zu verlieren. Seit 2009 ist sie Landtagsabgeordnete und hat bereits angekündigt, für eine dritte Amtszeit ab 2020 kandidieren zu wollen. Sie gilt als gut vernetzt. Zuletzt hatte sie 2017 gegen Rüdiger Scholz (CDU) ihr Direktmandat verloren, war aber über einen Listenplatz doch noch ins Landesparlament eingezogen. Seitdem ist es um sie politisch sehr ruhig geworden. Nennenswerte Initiativen gibt es von ihr kaum noch. Ihre monatlichen Bruttobezüge betragen seit 1. Juli 11 620 Euro. Davon muss sie allerdings sämtliche Aufwendungen inklusive Alterssicherung und Krankenvorsorge selbst bezahlen. Auch der langjährige Fraktionschef Peter Ippolito (58) gehört zu den „Machtträgern“ der Partei und lässt bisher keine Anzeichen von Amtsmüdigkeit erkennen. Oberbürgermeister Uwe Richrath und der Bundestagsabgeordnete Karl Lauterbach gelten parteiintern zwar als starke Figuren, zugleich aber auch als „Solokünstler“.

Als Hoffnungsträger aufgebaut werden sollten neben Aylin Dogan und Milanie Hengst auch jüngere Genossen wie beispielsweise Oliver Russ und Sven Tahiri. Der bereits 2014 angekündigte Generationenwechsel ist in weite Ferne gerückt. Dogan kommt aus dem Ortsverein Opladen, wo es inzwischen großes Rumoren und viele kritische Stimmen gibt. Einzelne Genossen sprechen hinter vorgehaltener Hand bereits von Austritt. Nach den vielen Eintritten droht der Leverkusener SPD nun eine
Austrittswelle.