Die Zahl der Verkehrstoten in Nordrhein-Westfalen ist 2024 im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. 485 Menschen kamen auf den Straßen von NRW im vergangenen Jahr ums Leben - 35 mehr als im Jahr zuvor, wie aus der Verkehrsunfallbilanz des Innenministeriums hervorgeht. Auch die Zahl der Verkehrsunfälle stieg demnach um fast 2.000 auf rund 643.000.
„Hinter jedem Verkehrstoten steckt ein trauriges Schicksal und eine Familie, die mit diesem schrecklichen Verlust weiterleben muss“, sagte Innenminister Herbert Reul (CDU) bei der Vorstellung der Bilanz in Düsseldorf. „Keinen dieser Unfälle hätte es geben müssen.“ Er rief zu mehr Umsicht und Rücksicht im Straßenverkehr auf: „Fahren Sie einen Gang runter und schalten Sie bei Verantwortung rauf.“
Motorrad gilt als besonders gefährlich
Gefährlich sei insbesondere ein Verkehrsmittel: 86 Menschen seien mit dem Motorrad ums Leben gekommen - so viele wie seit fünf Jahren nicht mehr. „Ein Anstieg um fast 50 Prozent bei den getöteten Motorradfahrern zeigt, dass die Unfallprävention ein noch stärkeres Gewicht in der Verkehrssicherheitsarbeit bekommen muss“, betonte Roman Suthold, Verkehrsexperte des ADAC Nordrhein. „Unbelehrbaren Verkehrsteilnehmern müssen durch intensive Kontrollmaßnahmen, idealerweise als Anhaltekontrollen durch die Polizei, die Grenzen aufgezeigt werden.“
Angesichts der hohen Zahlen empfiehlt Unfallforscher Siegfried Brockmann von der Björn Steiger Stiftung allen Motorradfahrern Fahrsicherheitstrainings. „Ich empfehle jedem ein Fahrsicherheitstraining, mindestens eines, eigentlich viel mehr, damit das automatisiert wird“, sagte er im WDR 5-„Morgenecho“. Bei dem Training lerne man nicht nur Kurven zu fahren, sondern auch vielfältige Gefahren einzuschätzen. Der ADAC schloss sich dieser Empfehlung an.
Viele Unfälle mit Fahrrädern, E-Scootern und Pedelecs
Auch die Zahl der Unfälle mit E-Scootern und Pedelecs sei gestiegen. 8 Menschen starben bei E-Scooter Unfällen (2023: 4) und 43 bei Unfällen mit dem Pedelec (2023: 40). 37 Menschen starben 2024 bei Fahrrad-Unfällen, zwei mehr als im Jahr zuvor.
Für den Allgemeinen Deutschen Fahrradclub (ADFC) sind das 37 Tote zu viel. Es brauche eine sicherere Straßeninfrastruktur. Da deren Aufbau noch einige Jahre dauern werde, brauche es auch kurzfristige Maßnahmen wie mehr Tempo-30-Zonen, weniger Durchgangs-Autoverkehr, konsequentes Vorgehen gegen Falschparken und die Einhaltung sicherer Überholabstände.
Was sind die Hauptursachen für Unfälle?
Allerdings ging die Zahl der Verletzten im vergangenen Jahr zurück, von 79.629 Verunglückten im Jahr 2023 auf 78.675 im Jahr 2024. Außerdem verunglückten weniger Fußgänger im Straßenverkehr, es gab 89 Tote, 13 weniger als 2023.
Als Hauptursachen wurden ungenügende Sicherheitsabstände, Nichtbeachten der Vorfahrt, Fehler beim Abbiegen nach links sowie überhöhte Geschwindigkeit genannt. Zudem wurden illegale Autorennen (15 Tote) sowie der Konsum von Rauschmitteln (10 Tote) als Ursachen für zahlreiche Unfälle genannt.
Mehr Verkehrsüberwachung als Lösung?
Die Verkehrsexperten der Gewerkschaft der Polizei NRW sind sich einig, dass das Land bei der Verkehrsüberwachung dringend besser werden muss. „Zu hohe Geschwindigkeiten bleiben die Verkehrsunfallursache Nummer 1. Da müssen wir ansetzen. Da tun wir im Moment zu wenig“, sagte der stellvertretende GdP-Vorsitzende Jörg Brackmann. Die GdP fordere deshalb die schnelle Umsetzung der Pläne der Landesregierung zur Ausweitung der Geschwindigkeitsüberwachung von Kommunen auf Autobahnen.
In den vergangenen Jahrzehnten ging die Zahl der Verkehrstoten bundesweit zurück - auch durch erhöhte Sicherheitsstandards in den Autos. Nun stieg die Zahl in Nordrhein-Westfalen wieder an, der niedrigste Stand war im Pandemiejahr 2021 mit 425 Verkehrstoten erfasst worden.
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