Wir testen die Tauschorte in Mettmann, Erkrath und Wülfrath Kleiner Schrank, große Literatur

Kreis Mettmann. · Bücherschränke gibt es mittlerweile auch im Kreisgebiet viele. Sie sind Orte zum Tauschen und Entdecken von Literatur. Doch was taugen sie wirklich?

 Klotzen statt kleckern: Ein wandfüllender Bücherschrank hat in der Galerie Königshof in Mettmann das trostlose Billy-Regal ersetzt.

Klotzen statt kleckern: Ein wandfüllender Bücherschrank hat in der Galerie Königshof in Mettmann das trostlose Billy-Regal ersetzt.

Foto: Galerie Königshof

In der Theorie klingen öffentliche Bücherschränke nach einer wunderbaren Idee: kostenlos, jederzeit und vollkommen unverbindlich kann sich ein jeder an einem solchen Schrank bedienen, ihn entweder mit bereits Gelesenem bestücken und oder die eigene Bibliothek mit neuen Funden erweitern. Doch wie sieht es in der Praxis aus? Werden Buchliebhaber beim Stöbern tatsächlich fündig oder dienen öffentliche Bücherschränke der Entsorgung vergilbter Reiseführer, Telefonbücher und ungeliebter Konsalik-Romane aus den 70ern? Ein Test zu denn Bücherschränke in Mettmann, Erkrath und Wülfrath.

Die Bücherzelle an der Kreisverwaltung Mettmann sieht nicht danach aus: Kein Konsalik in Sicht, stattdessen eine bunte Mischung aus Krimis von Ken Follett und John Grisham, Liebesromanen von Maeve Binchy und Barbara Wood und Sachbüchern, die sogar aktuell sind. „Das Konzept funktioniert hier sehr gut“, erklärt Daniela Hitzemann, Pressesprecherin der Kreisverwaltung. Gemeinsam mit ihren Kollegen kümmert sie sich darum, dass neue Bücher ein- und alte Bücher aussortiert werden.

 Die „Little Free Library“ von Dorit Meier in Erkrath.

Die „Little Free Library“ von Dorit Meier in Erkrath.

Foto: Dorit Meier

Erfahrungsgemäß sei die Buchfluktuation in der Ferienzeit am höchsten: „Natürlich haben wir in der Zelle nicht immer die neuesten Bestseller stehen. Aber wer sich vor dem Urlaub mit neuer Lektüre eindecken möchte, sollte mal reinschauen“, sagt sie.

 Offene Bücherschränke sowie Stadt- und kirchliche Bibliotheken bieten günstigen Lesestoff.

Offene Bücherschränke sowie Stadt- und kirchliche Bibliotheken bieten günstigen Lesestoff.

Foto: Christoph Reichwein (crei)/Reichwein, Christoph (crei)

Wer sich am liebsten mit Klassikern befasst, sollte der offenen Bibliothek in der Galerie Königshof in Mettmann einen Besuch abstatten. Einst fristete der Tauschschrank in Form eines Billy-Regals ein Schattendasein. Mit dem Umbau des Einkaufszentrums wurde ihm jedoch flächendeckend Platz eingeräumt. Von Jack London über Antoine de Saint-Exupéry und Bertolt Brecht bis hin zu Marie von Ebner-Eschenbach sind hier alle Literaturgattungen zu haben. Auch Krimis, Romanzen, Sach- und Kinderbücher finden in dem größten Bücherschrank der Umgebung ihren Platz. Der 60-jährige Wolfgang Meschkies schaut gerne vorbei: „Ich finde das Konzept wunderbar“, sagt er. Er bemängelt jedoch die Größe der Bibliothek: „Dadurch sammeln sich viele Bücher an, die hier nicht reingehören“, sagt er.

Eine alternative Form des Büchertausches bieten Dorit Meier und Ulrich Heine aus Erkrath an. In ihrem Vorgarten an der Bruchhauser Straße haben sie ein selbst gebautes Bücherkästchen errichtet. Als Teil der gemeinnützigen „Little-Free-Library“- Initiative, die ihren Ursprung in den USA hat, möchten sie den Bücheraustausch in der Nachbarschaft fördern. Dass in die rot angemalte Mini-Bibliothek nur ein Dutzend Bücher passt, wirkt sich keinesfalls negativ aus, im Gegenteil: Die Auswahl ist zwar nicht groß, aber sehr bunt durchmischt. Jeden Tag entscheidet Dorit Meier selbst, was in die Mini-Bibliothek wandert. „Vergilbte Kochbücher und uralte Sachbücher landen sofort im Müll“, sagt sie. Bei der Suche nach neuen Funden rät sie zur Offenheit: „Man sollte sich überraschen lassen und auch zu Büchern greifen, die man sonst nicht lesen würde.“ Wie viele Bücher durch ihre Bibliothek schon einen neuen Besitzer gefunden haben, könne sie gar nicht mehr zählen. Dies zeige, wie gut das Konzept funktioniere.

Der wohl auffälligste Bücherschrank steht auf dem Wülfrather Wareplatz. Die umfunktionierte englische Telefonzelle bietet ein Büchersortiment, das Ordnungsfanatiker begeistern wird. Nach Genre sortiert reihen sich hier Fantasy-Romane, Kinderbücher, Romane und die obligatorischen Krimis aneinander. Dass die Bücherbar so gut sortiert ist, geht auf das Engagement des Fördervereins der Stadtbücherei zurück. Alle ein bis zwei Wochen schauen die Mitglieder an der roten Telefonzelle vorbei und ordnen das Bücherchaos. Obwohl Vandalen die Bücherbar im vergangenen Jahr beschädigten – ein oder mehrere Unbekannte hatten drei kleine Fenster zerstört – freut sich der Förderverein über die Resonanz. Die Bücher seien heiß begehrt und schnell vergriffen.

Fazit: Die Bücherschränke in Mettmann, Erkrath und Wülfrath funktionieren. Am besten mit dem Einsatz eines Bücherpaten, der den Schrank nicht nur reinigt, sondern auch sortiert und für ein ausgewogenes Angebot sorgt.