Sicherheit Millionenschaden: Masche mit falschen Polizisten floriert
Düsseldorf · Banden aus dem Ausland bringen Senioren oft um alles Hab und Gut, traumatisieren sie zudem. Fälle seit 2016 stark gestiegen.
Die Banden operieren aus dem Ausland und bringen Senioren nicht selten um ihre gesamten Ersparnisse: Polizei und Justiz in NRW haben zunehmend mit Betrug durch falsche Polizisten zu kämpfen. Wie das Landeskriminalamt (LKA) gegenüber dieser Zeitung erklärte, stellt die Masche inzwischen alle anderen Trickbetrügereien in den Schatten – was den Schaden, aber auch die Traumatisierung der Opfer angeht. Schon von 2016 auf 2017 gab es einen sprunghaften Anstieg der Fälle um mehr als das Doppelte. Im vergangenen Jahr stieg die Fallzahl erneut auf 289 (2017: 258), die Beutesumme ging sogar um rund 74 Prozent nach oben, so das LKA auf Anfrage – von rund sieben auf weit mehr als zwölf Millionen Euro.
„Die Schäden, die diese Täter anrichten, sind immens“, sagt LKA-Sprecher Andre Faßbender. Sie riefen mit der 110 im Display an und gäben vor, die Wertgegenstände des Betroffenen vor einer drohenden Straftat in Sicherheit bringen zu wollen. Zunächst freundlich, dann fordernd, mitunter wird mit einer Anzeige gedroht, sollte das Opfer nicht kooperieren. „Sie halten die Opfer zum Teil tagelang am Telefon“, erklärt Faßbender. Und sie geben auch nach einer ersten erfolgreichen Übergabe von Geld oder Schmuck meist nicht auf, sondern meldeten sich wieder und wieder. „Bis die Leute nichts mehr haben“, so der LKA-Sprecher.
Bei den Fällen, die die Polizei bisher zurückverfolgen konnte, kamen die Anrufe meist aus Callcentern in der Türkei, aus denen die Banden 24 Stunden an sieben Tagen die Woche potenzielle Opfer kontaktierten. „Das ist ganz klar Organisierte Kriminalität“, erklärt Faßbender. An die Hintermänner im Ausland heranzukommen, ist „sehr schwierig“, sagt Markus Gerhards, Leiter des Schwerpunktkommissariats für die Bekämpfung von qualifiziertem Betrug in Düsseldorf. Meist erwischten die Ermittler höchstens einen der Abholer, welche die Beute bei den Senioren einsammeln. „Und das wissen die Täter auch“, sagt Gerhards.
Senioren-Sonderdezernat in Aachen findet Nachahmer
Bei der Aachener Staatsanwaltschaft gibt es bereits seit 2010 ein Sonderdezernat, das Straftaten gegen Senioren bearbeitet. Auch dort kommen die steigenden Fallzahlen an: 38 Verfahren hatte es im ersten Jahr gegeben, 2018 waren es 3015 – obwohl die Straftaten gegen die körperliche Unversehrtheit durch Pflegekräfte schon 2013 abgetrennt wurden. 2478 dieser Verfahren richteten sich gegen unbekannte Täter. Die Bielefelder Staatsanwaltschaft folgte dem Beispiel und richtete im vergangenen Sommer ein Sonderdezernat ein und führte gleich 1220 Verfahren, in Düsseldorf bearbeiten zwei Spezialisten aus der Abteilung Organisierte Kriminalität die Fälle.
Die NRW-Opferschutzbeauftragte Elisabeth Auchter-Mainz begrüßt, dass so feste Ansprechpartner für die Senioren bereit stünden: „Diese Opfer brauchen ganz besondere Hilfe“, sagt sie. Sie kenne Beispiele, bei denen selbst das Geld, das Menschen für die eigene Beerdigung gespart hatten, weg sei. Die Opfer fühlten sich zudem in hohem Maße mitschuldig und schämten sich. Deshalb geht man auch beim LKA von einer hohen Dunkelziffer an Betrugsfällen aus, die nicht zur Anzeige gebracht werden.
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