Düsseldorf. Mithelfen statt Miete zahlen
Düsseldorf. · Ein Zimmer gegen Unterstützung im Haushalt: So funktioniert „Wohnen für Hilfe“. Das klingt nach einer attraktiven Regelung für Senioren und Studenten, ist aber natürlich mit steuerlichen Fragen und Pflichten verbunden
In Deutschland gibt es immer mehr Senioren, die größere Wohnungen und Häuser bewohnen und nicht wissen, was sie mit ihrem Platz anfangen sollen. Und genauso wächst die Zahl von Studenten: Im Wintersemester 2018/2019 waren nach vorläufigen Angaben rund 2,87 Millionen Studierende an deutschen Hochschulen immatrikuliert, das sind rund 850.000 mehr als vor zehn Jahren. Diese Studenten suchen natürlich vielfach nach erschwinglichem Wohnraum, aber gerade in größeren Städten ist dieser – man weiß es längst – knapp.
Daher hat sich ein neuer Trend des studentischen Wohnens entwickelt. „Ein Zimmer gegen Unterstützung im Haushalt: So funktioniert „Wohnen für Hilfe“. Das Projekt vermittelt Wohnpartnerschaften zwischen Jung und Alt. Studierende bekommen ein günstiges Zimmer, Senioren Hilfe im Alltag. Wie der Tauschhandel genau aussieht, wird individuell besprochen. Meist handelt es sich um Aufgaben wie Rasen mähen, einkaufen gehen oder gemeinsam kochen. Ausgenommen sind pflegerische oder medizinische Dienste jeglicher Art“, heißt es beim Deutschen Studentenwerk.
Als Faustregel für das bundesweite Projekt „Wohnen für Hilfe“ gilt: Pro Quadratmeter bezogenen Wohnraum eine Stunde Hilfe pro Monat. Das macht beispielsweise für ein 15 Quadratmeter großes Zimmer 15 Stunden Mitarbeit monatlich. Die einzigen Kosten, die dem Studenten entstehen, sind die Nebenkosten wie Gas, Wasser und Strom.
„Die geleisteten Stunden werden als Mieterlass angerechnet. Das ist ein hochinteressantes Modell für jüngere und ältere Generationen, aber auch für Familien, Alleinerziehende und Menschen mit Behinderung bietet Wohnen für Hilfe viele Möglichkeiten, sich gegen kostenfreien Wohnraum Unterstützung im Alltag zu holen. Wichtig: Nicht jeder kann ‚einfach so‘ einen Studenten im Rahmen des Projektes aufnehmen, sondern muss sich an bestimmte Regularien halten“, sagt Helmut König, Steuerberater und Partner der Düsseldorfer Wirtschaftskanzlei Beiten Burkhardt. In Düsseldorf beispielsweise sind die Stadt selbst, das Studierendenwerk Düsseldorf und die AWO Düsseldorf Träger des Kooperationsprojekts. Bei diesen Institutionen können sich Interessenten über die Voraussetzungen informieren.
„Im Vordergrund des Wohnmodells Wohnen für Hilfe steht also die Versorgung von Studenten und auch Auszubildenden mit preisgünstigem Wohnraum. Gleichzeitig sollen soziales Engagement und der Austausch unter den Generationen unterstützt werden. Herausragendes Merkmal dieses Wohnmodells ist die nichtkommerzielle Bereitstellung von Wohnraum durch Eigentümer und Mieter“, fasst Helmut König das wirtschaftliche Modell zusammen.
Aber, wie könne es anders sein: Auch bei Wohnen für Hilfe stehen steuerliche Fragestellungen im Raum. Der Steuerberater erklärt, welche Besteuerungsregeln bei diesen generationsübergreifenden Wohnpartnerschaften zu beachten sind. „Es existieren laut aktueller Rechtsprechung verschiedene Modelle aus steuerlicher Sicht. Dies gilt es dringend zu beachten, um sich keinen Diskussionen mit den Finanzbehörden auszusetzen.“
Im ersten Modell arbeite der Mieter seine Miete durch praktische Alltagshilfen ab, zum Beispiel Einkaufen, Kochen oder Begleitdienste. In diesem Fall besteht zwischen Mieter und Vermieter ein Dienstverhältnis, sodass die Finanzämter bei dem Mieter regelmäßig Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit (Arbeitslohn) ansetzen müssen. Auf Vermieterseite werden in dieser Konstellation regelmäßig Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt. „Eine Vereinbarung dieser Art trifft also beide Seiten. Es sollte im Vorfeld geklärt sein, welche steuerlichen Verpflichtungen auf die Parteien zukommen. Es wäre ärgerlich und überflüssig, würden durch das gut gemeinte Modell Wohnen für Hilfe Vorwürfe der Steuerverkürzung aufkommen“, warnt Steuerexperte Helmut König.
Zwei weitere Modelle sehen die Abarbeitung der Miete durch gemeinnützige Tätigkeiten im unmittelbaren Wohnumfeld des Seniors beziehungsweise durch gemeinnützige/ehrenamtliche Tätigkeiten im Stadtgebiet ohne Erhalt einer Aufwandsentschädigungspauschale vor. In diesen Fällen müssten die Finanzämter einzelfallabhängig prüfen, welche Einkunftsart vorliege, erklärt der Beiten Burkhardt-Partner.
Aber: Ausgehend von einem Erlass des Finanzministeriums Hamburg bestünden auch bei diesen Modellen keine Bedenken, beim Mieter ebenfalls von Einkünften aus nichtselbstständiger Tätigkeit auszugehen. Auf Vermieterseite sei hingegen zu überprüfen, ob er überhaupt beabsichtigt habe, Einkünfte zu generieren, was eben Voraussetzung für die Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sei.