Aufarbeitung der Affäre in Mönchengladbach Veröffentlichung des Gutachtens um Elektroauto „Sven“ offenbar möglich

Mönchengladbach · Eine große Mehrheit im Rat will die juristische Aufarbeitung veröffentlichen, die Stadt soll das jetzt mit der NEW klären.

Die Entwicklung des Elektroautos „Sven“ beschäftigt noch immer den Stadtrat mit der Frage, ob die 174 Seiten lange juristische Aufarbeitung veröffentlicht werden kann.

Foto: Bauch, Jana (jaba)

Das Gutachten, das den umstrittenen „Sven“-Ankauf der NEW untersucht hat, wird nun möglicherweise doch veröffentlicht. Der Stadtrat stimmte am Mittwoch einstimmig für einen Antrag der Ampel-Mehrheit (SPD, Grüne, FDP), dass die Verwaltung nun mit NEW-Vorstand und -Aufsichtsrat und der beauftragten Kanzlei Luther klären soll, wie das Gutachten ganz oder in wesentlichen Teilen publik gemacht werden kann. Die Linke zog dafür ihren Antrag vorerst zurück, das Gutachten sofort in Gänze in der Öffentlichkeit zu behandeln.

Torben Schultz (Linke) betonte, das aus seiner Sicht nichts gegen die Veröffentlichung spreche: „Es gibt sehr wohl Teile in dem Gutachten, die problematisch sind.“ FDP-Fraktionschefin Nicole Finger sagte, größtmögliche Transparenz sei nun wichtig. „Wir müssen den Weg freimachen, um das möglichst öffentlich beraten zu können.“ CDU-Politiker Fred Hendricks sagte, die Union habe gar nichts dagegen, schließlich erkenne das Gutachten kein schuldhaftes Handeln irgendwelcher Personen oder Gremien: „Wir sind offen zu einer Veröffentlichung, wenn die Rechtslage es zulässt.“ Der SPD-Fraktionsvorsitzende Janann Safi sagte, alle hätten den Willen bekundet, die Expertise zu veröffentlichen. „Die Frage aber ist, ob wir es auch dürfen. Das liegt nicht daran, dass irgendjemand etwas verheimlichen will, sondern dass wir das Recht achten müssen.“ Ob das Rathaus aber nach dem Prüfauftrag zu einer anderen Einschätzung als bisher kommt, ist fraglich. Denn wie die zuständige Rechtsdezernentin Dörte Schall (SPD) sagte, erstrecke sich der Schutz der Vertraulichkeit auf das gesamte Gutachten.

Es geht auch um das
Thema Schadenersatz

Das Gutachten der Kanzlei Luther ist zu der Einschätzung gekommen, dass die Entwicklung des Elektroautos „Sven“ durchaus einem öffentlichen Zweck gedient habe und damit für ein kommunales Unternehmen vertretbar sei. Die Produktion des Fahrzeugs, die im Gesellschaftszweck eben auch festgelegt war, allerdings nicht. Außerdem kommen die Juristen zu dem Schluss, dass keinem Organmitglied der NEW ein Verstoß gegen die Sorgfaltspflicht vorgeworfen werden könne, der eine Haftung begründe. Denn die betroffenen Organmitglieder – also Vorstand Frank Kindervatter und Mitglieder des Aufsichtsrates wie CDU-Fraktionschef Hans Peter Schlegelmilch, der damalige SPD-Fraktionschef Felix Heinrichs und der damalige OB Hans Wilhelm Reiners – hätten davon ausgehen dürfen, zum Wohle der Gesellschaft zu handeln. Schall sagte dazu im Stadtrat, man habe laut Gutachten davon ausgehen können, dass die ignorierten Voraussetzungen (Beschluss des Stadtrates und Anzeige bei der Bezirksregierung) hätten nachgeholt werden können.

Die Bezirksregierung sah dies wenige Monate nach dem längst vollzogenen Deal anders und drängte immer wieder darauf, die Beteiligung wieder abzustoßen. Deshalb lief auch ein aufsichtsrechtliches Verfahren gegen die Stadt, das erst mit dem Verkauf der „Sven“-Anteile im Frühjahr 2020 endete. Unterm Strich blieb ein Verlust von 1,7 Millionen Euro bei der NEW. Muss dafür irgendjemand aufkommen? Laut Einschätzung der Kanzlei Luther wohl nicht.

Das Gutachten kommt nun nach Angaben Schalls zu der Erkenntnis, dass diese „Nichteinhaltung der kommunalwirtschaftlichen Vorgaben nur dann zu einer Haftung führen kann, wenn damit auch ein gesellschaftsrechtlich relevanter Sorgfaltspflichtverstoß der handelnden Personen vorliegt“. Das Aktienrecht interessiert sich dafür aber nicht im Gegensatz zu den Vorgaben, die das Landesrecht kommunalen Unternehmen wie der NEW macht. Diese Frage ist durchaus entscheidend. Denn für den Stadtrat geht es darum, ob man ein Schadenersatz oder Haftung von den handelnden Personen verlangt.