2500 Hausbesitzer müssen Grundstücke neu vermessen

Weil Daten fehlen, müssen Eigentümer nachmessen — und das kann richtig teuer werden.

Foto: Ilgner

Als er das Schreiben der Stadt bekam, vermutete Matthias Kaiser einen schlechten Scherz. Der Fachbereich Geoinformation und Grundstückmanagement forderte den 74-Jährigen auf, seine Garage vermessen zu lassen. „Ein kürzlich erfolgter Vergleich des Liegenschaftskatasters mit der Örtlichkeit hat ergeben, dass in der Vergangenheit auf Ihrem Grundstück oben genanntes Gebäude errichtet wurde und katastertechnisch noch nicht eingemessen ist“, heißt es im Schreiben.

Es folgt der Vermerk, dass nach dem 1. August 1972 alle Gebäude auf Kosten des Eigentümers eingemessen werden müssen. „Unser Haus ist 1973 gebaut worden. Mit der angrenzenden Garage. Warum die nicht vermessen wurde, weiß ich wirklich nicht“, sagt Kaiser. Seine Nachbarn erhielten ähnliche Schreiben. Und alle haben vier Wochen Zeit, um den Auftrag an einen Vermessungsingenieur zu vergeben. Für den ist das ein gutes Geschäft: 300 Euro bekommt er pro Auftrag. Kaiser: „Unser Haus ist von der Odenkirchener Aktienbau errichtet worden. Leider fehlen uns und den Nachbarn Unterlagen, die belegen, dass Haus und Garage zeitgleich gebaut wurden.“

Ein Einzelfall? Mitnichten. Bei rund 2500 Gebäuden in der Stadt gibt es Defizite — sie erfüllen nicht die Vorgaben des Vermessungs- und Katastergesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen. Die Stadt geht auch jedem einzelnen Fall nach und recherchiert, ob alle relevanten Daten — zum Beispiel Nutzungsarten, Lagebezeichnungen — in der Liegenschaftskarte eingezeichnet sind. Rund 200 Einzelaufforderungen verschickt sie pro Jahr, weil ihre Mitarbeiter bei Ortsterminen Mängel entdecken. Die Gebühren für eine nachträgliche Vermessung sind unterschiedlich und orientieren sich an den Herstellungskosten der Gebäude. Bei einer Garage sind es 300 Euro, bei einem rund 600 000 Euro teuren Gebäude schon 1350 Euro.

Und wer auf die Aufforderung nicht reagiert und die Vermessung nicht fristgerecht veranlasst, muss mit zusätzlichen Kosten rechnen. Der Hauseigentümer kann sich auch nicht beruhigt zurücklehnen und so lange warten, bis er eine Aufforderung der Stadt bekommt. „Es obliegt dem mündigen Eigentümer, zu recherchieren, inwieweit sein Gebäudebestand noch einmessungspflichtig ist“, teilt die Stadt auf Anfrage mit. Schuppen und sogar größere Gartenhäuser sind davon nicht ausgenommen. Die Stadt weist darauf hin, dass sie bei Gartenhäusern mit einer Größe von unter zehn Quadratmetern Nutzfläche beide Augen zudrückt, weil sie beim vorgeschriebenen Begriff „dauerhafte Nutzung“ einen gewissen Ermessungsspielraum erkennt.

Bei größeren drohen den Hauseigentümern allerdings ebenfalls zusätzliche Kosten. Matthias Kaiser und seine Nachbarn sondieren derzeit ihre Bauunterlagen — in der Hoffnung, dass sie belegen können, dass die Garage eingemessen wurden. Bisher ohne Erfolg. Auf eine Verjährung können sie nicht vertrauen: Die Pflicht zur Einmessung ruht wie eine öffentliche Last auf dem Grundstück.