Arsen unter den Straßen: Stadt unterliegt Baufirma vor Gericht

Im Skandal um 1000 Tonnen giftiges Material unter einigen Straßen gibt es gleich mehrere Prozesse.

Foto: Ilgner

Dass beim Bau von mehreren Straßen in der Stadt 1000 Tonnen giftiges Material verwendet wurde, ist unstrittig. Das ist aber auch schon so ziemlich die einzige unstrittige Frage in dem Arsen-Skandal, der aktuell gleich drei Gerichte beschäftigt.

Als der Fall vor knapp zwei Jahren öffentlich wurde, hatte die Stadt versichert, sie sei betrogen worden, weswegen die Baufirma Tholen aus Geilenkirchen die Straßen auf eigene Kosten zu entfernen habe. Das Landeskriminalamt ermittelte wegen Betrugs. Zudem bekam die Firma von der Stadt keine Aufträge mehr. Die Baufirma stellte den Fall anders dar: Die Stadt habe dank eines Gutachtens sehr wohl gewusst, was für Material unter ihren Straßen verbaut wurde — und habe es ihrerseits versäumt, die Baufirma Tholen darüber zu informieren.

Einen Prozess hat die Stadt in dieser Frage inzwischen durch alle Instanzen verloren. Tholen hatte dagegen geklagt, von der Stadt seit dem Streit nicht mehr bei Vergaben berücksichtigt worden zu sein. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf gab der Baufirma Recht. „Die Stadt hätte dem Unternehmen schwere Verfehlungen nachweisen müssen, das ist aber nicht gelungen“, erläuterte eine Gerichtssprecherin. Das Oberverwaltungsgericht in Münster bestätigte das Düsseldorfer Urteil.

Und auch bei dem Versuch, die Baufirma zu verpflichten, das Austauschen des Materials unter Süchtelner Straße und Klumpenstraße zu bezahlen, ist die Stadt offenbar noch nicht entscheidend weitergekommen. Bauunternehmer Willi Tholen berichtet, die entsprechende Ordnungsverfügung habe der Richter am Verwaltungsgericht Düsseldorf als unzulässig und rechtsfehlerhaft bezeichnet. Daraufhin habe die Stadt die Verfügung zurückgenommen.

Die Stadt sagt zu den jüngsten Entwicklungen inhaltlich nichts. Pressesprecher Wolfgang Speen: „Die Stadt Mönchengladbach arbeitet an einer zeitnahen Lösung. Vor dem Hintergrund des schwebenden juristischen Verfahrens wird die Stadt allerdings zum jetzigen Zeitpunkt zu den Einzelheiten keine inhaltliche Stellungnahme abgeben.“

Äußern will sich Speen auch nicht zu sehr konkreten Vorwürfen Tholens gegen Oberbürgermeister Hans Wilhelm Reiners. Dieser habe ihm schriftlich mitgeteilt, die Stadt werde Tholen bei der Auftragsvergabe wieder berücksichtigen, wenn ein bestimmter Prokurist des Unternehmens von Baumaßnahmen in Mönchengladbach ausgeschlossen werde und eine Selbstreinigung im Unternehmen erfolgt sei. Zudem habe die Stadt zu einer Besprechung eingeladen — Tholens alleiniger Gesellschafter dürfe aber nicht daran teilnehmen. „Für wie bedeutsam hält sich die Stadt Mönchengladbach und deren Verwltungsspitze? Anmaßender geht es wohl nicht“, so Willi Tholen.

Im Fall Hindenburgstraße hatten Gutachter schon 2005 nachgewiesen, dass das 2004 verbaute Material weder aus umwelt- noch aus bautechnischer Sicht in den Boden gehörte. Die Stadt habe Tholen nicht über das Gutachten in Kenntnis gesetzt, monierte der Bauunternehmer. Dagegen versicherte die Stadt, die Gutachter hätten auch Tholen informiert. Die Version der Stadt haben die Gutachter von damals nun bei einer Befragung vor dem Krefelder Landgericht nicht bestätigen können.