Die Linke: Mario Bocks (Wahlkreis 50)
Sie haben sich als Kandidat aufstellen lassen, obwohl sie nach allen Regeln der Vernunft mit einem Direktmandat nicht in den Landtag einziehen kšnnen, weil Ihnen die Liste nicht helfen wird. Warum kandidieren Sie trotzdem?
Mario Bocks: Weil wir dazu beitragen können, wieder als Korrektiv benötigte Kraft am 13. Mai in den Landtag einziehen zu können. Hier sind auch die Erststimmen wichtig, weil es sich gezeigt hat, dass Wähler ihre Stimmen komplett der Linken zukommen lassen. So hatten wir 2010 in Mönchengladbach nahezu identisch bei Erst- und Zweitstimmen das gleiche Ergebnis. Übrigens über fünf Prozent, womit wir hier in Mönchengladbach maßgeblich mit an dem Einzug unserer Partei in den Landtag mitgewirkt haben. Nach allen Regeln der Vernunft bedeutet das den erneuten Einzug in den Landtag.
Für was will sich Ihre Partei im Landtag einsetzen?
Bockes: Ich zähle mal nur einiges auf. Wir setzen uns im Landtag für einen radikalen Kurswechsel der jetzigen Politik ein. Denn entgegen den Beteuerungen von Rot-Grün hat ein soziales und gerechtes Umdenken im Lande nicht stattgefunden. Das bedeutet, dass wir die Systemfrage stellen müssen. Denn eine kapitalistische Gesellschaftsform, die nur den Armen nimmt und den Reichen gibt, die Banken und Unternehmen schützt und für Menschen in Niedriglohn, prekärer Beschäftigung, Rente und Hartz IV außer Verachtung und Spott nichts übrig hat, ist gescheitert. Wir wollen Armut statt Arme bekämpfen, ein landesweites Sozialticket für 15 Euro, Mindestlöhne und damit einhergehend Leiharbeit verbieten, starke öffentliche Daseinsvorsorge in kommunaler Hand, kostenfreie Bildung, damit Kinder und Jugendliche gute Perspektiven haben, unabhängig von der sozialen Herkunft. Wir möchten den Ausbau der erneuerbaren Energien bis 100 Prozent erreichen und damit auch nach Artikel 27 der Landesverfassung NRW die Vergesellschaftung von Monopolkonzernen, das heißt E.ON und RWE dezentralisieren und entmachten. Der soziale und ökologische Umbau zum Schutz von Menschen, Umwelt und Klima ist unvermeidlich. Menschen müssen wieder wichtiger sein als Profite und Monopolinteressen Einzelner. Dasselbe gilt für die Umwelt. Als Korrektiv sind wir im Landtag zu der Einheitspartei aus SPD/ Grüne/ CDU und FDP wichtiger denn je. Selbst ohne die von uns geforderte Millionärssteuer von 5 Prozent auf Vermögen ab 1 Million Euro (sie würde Mehreinnahmen für das Land von 16 Milliarden bringen) wären unsere Vorschläge alleine durch die Steuermehreinnahmen von 4,1 Milliarden im Land zu finanzieren.
Was kann Ihre Partei im Landtag für Mönchengladbach tun?
Bocks: Die gezielte Forderung nach einem Entschuldungsfonds für Kommunen ist eines der Anliegen, welches für eine Stadt wie Mönchengladbach überlebensnotwendig ist. Auch die Forderung nach Einhaltung des Konnexitätsprinzips durch Land und Bund würde unsere Stadt weiterbringen. Es kann ja nicht sein, dass immer mehr Pflichtaufgaben des Landes und des Bundes auf die Kommunen abgeschoben werden und gleichzeitig lässt man die Kommunen mit den Folgekosten alleine. Da muss die Stadt auch mal den Klageweg gehen, um diese Kosten einzufordern. Das kommunale Stärkungsparket dagegen lehnen wir in der jetzigen Form ab, da es einhergehend mit seinen geforderten Zwangseinsparungen in Höhe von 40 Millionen Euro jährlich für Mönchengladbach langfristig zu Schließungen von Bädern, Bibliotheken, dem Theater oder anderen Kultur- und Bildungseinrichtungen führen würde. An Bildung - und Kultur ist Teil davon - darf nicht gespart werden.
Was erwarten Sie von der neuen Landesregierung?
Bocks: Ehrlich gesagt, nicht viel. Es wäre natürlich angebracht, wenn eine neue Landesregierung ihre Hauptmerkmale nicht auf den Sozialabbau und Entsolidarisierung der Gesellschaft legen würde, sondern gezielt eine ökologische und menschenfreundliche Politik aufgreifen und den Solidargedanken stärken würde. Auch erwarte ich, das keine weiteren Rahmenbedingungen für Wirtschaftsunternehmen gefördert werden, die Steuergeschenke und Erlasse in Millionen- und Milliardenhöhe in Land und Bund zur Folge haben, und darüber hinaus muss es natürlich Änderungen im Lohnsegment geben. Es ist nicht hinnehmbar, dass Menschen trotz Arbeit von Niedriglöhnen, prekärer Beschäftigung und Leiharbeit gebeutelt werden und zusätzlich durch staatliche Alimentierung auch noch für Rekordgewinne der Unternehmen missbraucht werden. Löhne zahlt der Staat, die Gewinne bekommt der Unternehmer. Das ist krank und pervers, das geht so einfach nicht. Verluste werden permanent sozialisiert und Gewinne privatisiert. Ich erwarte von einer Landesregierung, dass sie diesen Unsinn stoppt und sich gegen diese gesellschaftsschädlichen Umtriebe zu Ungunsten der Menschen, und damit auch den Steuerzahlern, einsetzt.
Immer wieder hat es in der Vergangenheit Stimmen gegeben, dass die Linken nicht als Koalitionspartner taugen. Was sagen Sie mit Blick auf die Zeit nach dem 13. Mai dazu?
Bocks: Die Frage müsste eigentlich anders herum gestellt werden, da die Einheitsparteienfront aus CDU/ CSU/ FDP/ SPD und Grünen mit ihrem Befürworten von Kriegseinsätzen, dem Abbau der sozialen Gesellschaft oder der Vorrangpolitik für Banken und Unternehmen für uns nicht koalitionsfähig sind. Sie müssten da einen gewaltigen Schritt auf uns zu machen. Solange die Zustimmung zum Töten von Menschen und zu Kriegseinsätzen eine Voraussetzung für "Koalitionsfähigkeit" sein soll, nehmen wir die von gewählte Formulierung "untauglich" an und sind gerne "nicht regierungsfŠhig".
Nennen Sie jeweils drei Stichpunkte/Ziele, für die Ihre Partei in den folgenden Ressorts steht.
Finanzen:
Rücknahme der Steuergeschenke für Unternehmer und Reiche, höhere Besteuerung großer Vermögen und Einkommen ab 1 Million Euro, Umschuldungsfonds (Rettungschirm) für Kommunen.
Inneres/Kommunales:
Sozialticket für 15 Euro, sozialen Wohnungsbau stärken statt abbauen, Schaffung von sozialversicherungspflichtigen und tariflich entlohnten Arbeitsverhältnissen.
Wirtschaft:
Mindestlohn, Wirtschaftsdemokratie nach Artikel 27 LV NRW, Primat von Politik über Wirtschaft und nicht umgekehrt, Arbeitszeitverkürzung und Verbot von Leiharbeit
Bildung:
Bildung muss gebührenfrei sein/ bleiben, Abschaffung des G 12 und des dreigliedrigen Schulsystems (nicht mehr zeitgemäß), Schaffung der fehlenden garantierten 100 000 Kita-Plätze
Sport:
Kostenfreier Zugang zu Vereinen für finanzschwache Familien, Förderung des nicht-kommerziellen Breitensports, Erhaltung der Schwimmbäder und deren Öffnungszeiten
Familie:
Aktionsplan zur Bekämpfung von Armut, Ausbau sozialer Infrastrukturen für Kinder, Jugendliche und Familien in benachteiligten Wohngebieten. Gute, bezahlbare und familiengeeignete Wohnungen, Abschaffung der "verkaufsoffenen Sonntage", Familie statt Konsum am Sonntag
Gesundheit:
Wohnungsnahe, bedarfsgerechte medizinische Versorgung unabhängig von sozialer Herkunft und finanzieller Situation, Abschaffung der Praxisgebühr, Beitragspflicht für alle zur Gesetzlichen Krankenversicherung
Umwelt:
Energienetze zurück in öffentlicher Hand, da Energie zur Daseinsfürsorge gehört und die Landesverfassung in Artikel 27 die Vergesellschaftung von Monopolkonzernen verlangt, Sofortige Stilllegung aller Atomkraftwerke, Steigerung der erneuerbaren Energien auf 100 Prozent