Die Stadt zahlt jährlich 5,5 Millionen Unterhalt
Weil immer mehr Elternteile nach einer Trennung nicht zahlen können oder wollen, muss die Stadt — und somit alle Mönchengladbacher — einspringen. Zurück bekommt sie nicht alles.
Die finanzielle Not von Alleinerziehenden in Mönchengladbach wird immer größer. Immer mehr Elternteile müssen nach einer Trennung einen Vorschuss zum Unterhalt bei der Stadt beantragen, weil das andere Elternteil nicht zahlen kann oder will. Im vergangenen Jahr musste die Stadt einspringen in 2731 Fällen. Fast jedes zehnte Kind unter zwölf Jahren, für die diese Regelung gilt, war demnach auf den Vorschuss angewiesen. Das bedeutete Ausgaben in Höhe von 5,5 Millionen Euro. Die Zahl der bedürftigen Kinder von Alleinerziehenden wird immer größer. Im Jahr 2014 brauchten 2641 Elternteile den Vorschuss, im Jahr davor waren es noch 2587 Alleinerziehende gewesen.
Grob kalkuliert die Stadt im Haushalt mit einer jährlichen Steigerungsrate bei den Fallzahlen von zwei Prozent. Politiker im Rechnungsprüfungsausschuss waren jüngst erstaunt darüber, welches Ausmaß das Problem säumiger Unterhaltszahler hat. „Wir haben in dieser Stadt eine besondere Sozialstruktur mit einem niedrigen Einkommensniveau, mit vielen Arbeitslosen und Empfängern von Leistungen nach dem SGB II“, sagt Reinhold Steins, Leiter des Jugendamtes.
Den Unterhaltsvorschuss bekommen Alleinerziehende von Kindern im Alter bis maximal zwölf Jahre. In den meisten Fällen sind es Väter, die den Unterhalt nicht zahlen wie sie müssten, in einigen wenigen Fällen betrifft das aber auch Mütter. Dabei handelt es sich aber gar nicht immer um notorische Zahlungsverweigerer, denen ihr Kind egal ist. Auch Elternteile mit einem relativ durchschnittlichen Einkommen rutschen nach einer Trennung schnell unter die Grenze. Wer etwa 1500 Euro netto im Monat verdient darf, davon 1080 Euro für sich selbst behalten. Zwei Kinder im Alter von sechs bis einschließlich elf Jahren haben dann aber schon (nach Abzug des Kindergeldes) einen Anspruch in Höhe von 576 Euro vom anderen Elternteil. So viel bleibt im Einkommen aber gar nicht übrig. Also muss die Stadt einspringen — unabhängig vom Einkommen des Alleinerziehenden. Und das bringt enorme Kosten mit sich.
Von den 5,5 Millionen Euro, die die Stadt 2015 an Unterhaltsvorschuss gezahlt hat, treibt sie nur einen Bruchteil auch wieder ein bei säumigen Unterhaltspflichtigen. In vielen Fällen müsse der Vater erst einmal ausfindig gemacht werden, bevor Geld zurückfließt. Im vergangenen Jahr kamen auf diese Weise 762 000 Euro zurück. Das sind knapp 14 Prozent. Im Jahr 2013 holte sich die Stadt noch 850 000 Euro zurück. „Das ist nicht nach unserer Zielsetzung“, sagt Jugendamtsleiter Steins und verweist auf Personalengpässe. Vom Rest übernimmt das Land nur noch knapp die Hälfte an Kosten, den Rest trägt die Stadt.
Aber längst nicht alle säumigen Väter stecken finanziell selbst in der Klemme. Nicht wenige können zahlen, tun es aber nicht. „Es gibt Elternteile, die das als ungerecht empfinden“, sagt Josef Lüke, Leiter des Beratungszentrums für Ehe und Familienfragen des Bistums. In der Praxis werde oft der Einwand geäußert, mit dem Unterhalt werde doch nur der Lebensstil des anderen Elternteils subventioniert. „Sie müssen sich erst einmal bewusst machen, dass das Geld für das Kind bestimmt ist.“
In den meisten Fällen droht Alleinerziehenden, die auf Geld des anderen Elternteils warten, Armut. Auch der Vorschuss der Stadt kann das nicht ganz auffangen. Denn der Mindestunterhalt für Kinder bis sechs Jahre liegt nach der Düsseldorfer Tabelle bei 240 Euro im Monat, die Stadt muss aber nur 133 Euro zahlen. Bei Sechs- bis Elfjährigen zahlt sie 180 Euro, der Mindestunterhalt liegt aber bei 289 Euro.