Ein Muslim auf dem Jakobsweg

Shamsudin Achmadow pilgert auf christlichen Spuren. Im Gepäck des Künstlers: sein Skizzenblock.

Mönchengladbach. Für Shamsudin Achmadow ist Pilgern Pflicht und Herzensangelegenheit. Der Künstler ist Muslim, Sufi, geboren im Kaukasus und vor 17 Jahren mit seiner Familie vor dem Krieg, bei dem auch sein Atelier und seine im Museum ausgestellten Werke zerstört wurden, nach Gladbach geflohen.

Pilgern ist für ihn als Sufi „Suche nach Gott“, vorherrschendes Thema auch in seinen Bildern. Doch nach Mekka kann er nicht. Die Familie hat noch immer nicht die deutsche Staatsangehörigkeit, sondern lediglich als politischer Flüchtling eine Aufenthaltsgenehmigung mit dem Recht zu arbeiten.

„Als aus Russland stammender Muslim bekomme ich da für die meisten Länder kein Visum“, sagt Achmadow sichtlich frustriert. Denn damit waren geplante Ausstellungen in England oder den USA unmöglich, nicht einmal zum Tod der Eltern konnte die Familie in die Heimat reisen.

Frei bewegen kann er sich lediglich innerhalb der Schengen-Staaten der EU. Und so wird er einen Pilgerweg der Christen nutzen, um doch endlich zu pilgern.

„Ich gehe den Jakobsweg!“, sagt er. „In Aachen hat man mir gesagt, ich kann auch als Muslim einen Pilgerpass haben.“ Die Jakobsmuschel hat er bereits in seinem knapp bemessenen Reisegepäck verstaut. Das besteht aus einem Rucksack, einem Schlafsack, Kochgeschirr, einem Tagebuch und Skizzenblock. Handy und Fotoapparat bleiben zu Hause, die Familie will er mit Postkarten auf dem Laufenden halten.

Den Skizzenblock braucht er auch, weil er sich die Reise mit Porträt-Malen finanzieren will. Sich auf die Marktplätze setzen und die Menschen in einer Kohlezeichnung porträtieren — so, wie er es in Vorst auf Bitten einer ehemaligen Schülerin, Erika van de Sandt, beim Markt „Kunst, Kultur und Kulinarisches“ getan hat.

„Ich kann die Reise nur machen, weil ich jetzt für mein Atelier keine Pacht mehr zahlen muss“, sagt er. Günter Kreitz, der Inhaber der Firma Kreitec, die Hallenheizungssysteme plant, liefert und montiert, stellt ihm ungenutzte Räume zur Verfügung. Dafür ist Achmadow sehr dankbar.

Die Kunst begleitet ihn schon sein Leben lang. Achmadow wurde bereits 1982, als 24-Jähriger, in den russischen Künstlerverband aufgenommen und hatte an allen bedeutenden Orten der Sowjetunion ausgestellt. Gleich nach ihrer Gründung wurde er in die Künstlerriege „Kunst c/o“ aufgenommen. Nicht weniger als 500 Schüler profitierten von seinem Können, anfangs in der von ihm mitbegründeten Moskauer Schule, Akademie für Malerei, jetzt unter eigener Regie.

Kunst und Glauben sind für Achmadow untrennbar verbunden. Das zeigen seine Kunstwerke. Mehr oder weniger gegenständlich zeugen sie von dem mystischen Kampf der Finsternis gegen das Licht. Bei ihm gewinnt immer das Licht, auch wenn bisweilen der Anteil des Dunklen an der bemalten Fläche überwiegen mag.