Eis ohne jegliche Chemie

Verbraucherschützer warnen vor gefälschtem Käse oder Garnelen. Dass zum Beispiel im Eis nicht immer das ist, was zu erwarten wäre, weiß auch der Gladbacher Markus Houben. Er macht es nun anders.

Mönchengladbach. Ein paar saure Tropfen spritzen auf die Küchenplatte, als Eiskonditor Markus Houben die Zitronen per Hand presst. Es sind südafrikanische Früchte, am Baum gereift und nicht etwa grün gepflückt und auf die Reise geschickt. "Die sind etwas teurer, aber dafür ist das Zitroneneis auch nicht bitter", sagt Houben.

Dass überhaupt frisch gepresste Frücht in sein Eis kommen, ist keine Selbstverständlichkeit. "Viele Eiscafés arbeiten mit Fertig- oder HalbfertigproduktenMilchpulver statt Milch und mit , weil es schneller geht und das Eismachen dadurch leichter ist."

Beispiel: Aufschlagmittel. Es ist ein beliebter Zusatz, um möglichst viele Luftbläschen in die Eismasse zu bekommen, bevor sie gefroren wird. "Und Luft ist nun einmal unser Geschäft", sagt Houben. Solche Chemie will der 40-Jährige aber nicht in seinem Eis haben. Stattdessen hat er ein Milchaufschäumersystem Marke Eigenbau, mit dem er das Milcheis luftig schlägt.

Und auch sonst verzichtet der Mönchengladbacher in seinem Eiscafé an der Neusser Straße, das er vor einer Saison vom Italiener Alfio Ciprian übernommen hat, auf jegliche künstlichen Zusatzstoffe: keine Geschmacksverstärker, keine Konservierungsstoffe, keine Farbstoffe. Allergiker können sicher sein, dass das Eis glutenfrei ist. Und dadurch, dass er keine Fertigmischungen verwendet, können Eis-Liebhaber mit Laktose-Unverträglichkeit ohne Sorge Fruchteis essen, weil wirklich kein Milcheiweiß über Zusätze in ihr Eis gerät.

Houbens Eis kostet mit 70 Cent pro Kugel auch nicht mehr als in anderen Eiscafés. Obwohl der gelernte Lebensmitteltechniker und Konditormeister, zu dessen Ausbildung auch das Eismachen gehörte, zum Beispiel für die südafrikanischen Zitronen 32 statt 17 oder 18 Euro für eine Kiste zahlt. Für ihn wird es auch teuer, weil er zum Beispiel sein Vanilleeis mit Madagaskar-Vanilleschoten macht, sein Schokoladeneis mit Kuvertüre statt Kakao, das Haselnusseis mit Piermontnüssen oder das Pistazieneis mit sizilianischen Pistazien. Von solchen Dauerbrenner-Sorten abgesehen, experimentiert Houben in seiner Lürriper Eis-Küche gerne. "Ich hab nichts anderes mehr im Kopf und nachts hab ich die besten Ideen." So ist etwa nach einem Bayernurlaub ein Holunderblüten- und ein Sanddorn-Eis entstanden. Gerade sind der Renner: Himbeer-Capuccino und Kokorella, ein Kokosnuss-Eis mit weißer Schokolade und Haselnuss.

Houbens persönliche Lieblinge sind Haselnuss und Torrone. Über den Tag verteilt isst er selbst "bestimmt zehn Kugeln". Sieben Tage die Woche steht der 40-Jährige im Laden. Um neun Uhr geht es für ihn los. Vor 23.30 Uhr ist sein Arbeitstag nicht zu Ende. "Meine Kinder sehe ich immer nur, wenn sie Eis holen." Außer im Winter, da macht er Pause.

Für den Mönchengladbacher ist es die dritte Selbstständigkeit. Er hat viel in Küchen gearbeitet, dort das Frühstücksgeschäft geregelt, Kekse und Kuchen gebacken, hatte u.a. den Crepeswagen Sarrasin, die Gastronomie im Museum Abteiberg und das Catering für die Schlossfestspiele in Neersen. Das Eismachen, findet er, ist ein "tolles Geschäft". Es sei nicht elitär. "Das find ich gut. Eis bringt junge und alte, reiche und arme Leute zum Strahlen. Ich habe vor, dass 20 Jahre zu machen."