Erol P. gesteht den Doppelmord

Der Angeklagte gesteht, seine Frau und seine Tochter getötet zu haben. Anwältin Celebi sieht einen Justizskandal.

Mönchengladbach. Ob Erol P. sie gerade sieht, seine tote Frau und die mit einem Kopfschuss hingerichtete Tochter? Gülsen Celebi, die Anwältin der Getöteten hat demonstrativ ein großes Bild von Derya (18) und Rukiye (38) auf ihrem Tisch aufgestellt. Während des langen Verhandlungstages dreht sie es immer ein Stück weiter, bis es schließlich genau in Richtung des Angeklagten zeigt.

Den kahl rasierten Kopf wie immer gesenkt sitzt Erol P, bewacht von zwei Justizwachtmeistern, auf der Anklagebank im wunderschönen, holzgetäfelten Saal A 100 des Landgerichts. Nur selten sucht er den Blick zu seinen Verwandten, die im Zuschauerraum sitzen.

Ihm gegenüber sitzt im schwarzen Hosenanzug, die Haare platinblond gefärbt, Özür (27), die Schwester seiner Ex-Frau Rukiye, die er kaltblütig getötet haben soll. "Özür hat große Angst vor Erol P.", sagt ihre Anwältin, Gülsen Celebi, gegenüber der WZ. Draußen auf dem Gerichtsflur stehen gleich ein halbes Dutzend Angehörige, die sie schützen wollen.

Der dritte Prozesstag im Verfahren gegen Erol P. wegen Mordes an seiner Frau und seiner Tochter beginnt mit einem überraschenden Geständnis. "Ich habe das Schrecklichste getan, was man tun konnte", sagte der Angeklagte, der bislang so beharrlich geschwiegen hatte. "Ich habe meine Frau und meine Tochter erschossen."

Die Ehe sei eine Zwangsheirat gewesen, arrangiert von seiner türkischen Familie, tragen seine Anwälte weiter vor. Weitläufig, so erfahren es die Prozessbeobachter, war Erol sogar mit der Getöteten blutsverwandt. "Wir hatten die gleiche Oma", so Erol P. Der 39-Jährige kündigte am Mittwoch an, sich nun auch psychiatrisch begutachten zu lassen. Das hatte er bisher abgelehnt.

Erol P. soll das laut Zeugenaussage mehrfach zu seiner getöteten Frau gesagt haben.

Dramatische Szenen spielen sich im Gerichtssaal ab, als die Schwägerin des Angeklagten nach ihrer über zweistündigen Aussage den Zeugenstand verlässt. Sie hatte sich in der langen Zeit regelrecht in einen Rausch geredet.

Mehrfach musste sie ihre Aussage unterbrechen, um wieder zur Ruhe zu kommen. Jetzt, nachdem sie ihren Schwager als "Monster" und "Bestie" bezeichnet hat, "der seine Frau geschlagen hat und die Kinder bedrohte", bricht sie neben ihrer Anwältin zusammen und stürzt auf den Boden. Sie wird aus dem Gerichtssaal geführt und auf dem Flur behandelt.

Am Rande des Prozesses lässt Anwältin Gülsen Celebi die Frage keine Ruhe, ob der Doppelmord hätte verhindert werden können. Wie die WZ berichtete, hatte der Fall im März einen Justizskandal ausgelöst. Denn gegen Erol P. lag zur Tatzeit ein Haftbefehl vor. Obwohl der Familienrichter die Staatsanwaltschaft alarmiert hatte, wurde der Mann bis zum Ende des Sorgerechtstermins nicht verhaftet. Dann fielen die Schüsse. Die Justiz hatte wochenlang in den eigenen Reihen ermittelt, das Verfahren aber bald eingestellt.

Celebi hat eine Vermutung, warum es in diesem Skandal am Ende doch keinen Schuldigen gibt: "So können die beiden hinterbliebenen Kinder keine Schadenersatzansprüche an den Staat stellen", erklärt sie.

Empört über den vermeintlichen Justizskandal ist auch die Landtags-Opposition in NRW. In der nächsten Sitzung des Rechtsausschusses will Frank Sichau (SPD) Fragen an Justizministerin Müller-Piepenkötter richten: "Was ist mit der Organisationsverantwortung des leitenden Oberstaatsanwalts? Die Mitarbeiter einer Staatsanwaltschaft müssen doch klare Anweisungen haben, was zu tun ist, wenn es um einen Haftbefehl geht."