Erste Fahrradstraße wird eröffnet

Die Markierungsarbeiten laufen. Ab dem 20. September haben Radfahrer auf der „Blauen Route“ Vorfahrt.

Foto: Isabella Raupold

Bis zur Durchfahrt der Tour de France, wie zwischenzeitlich einmal angekündigt, hat es zwar nicht geklappt. Und es wird auch noch weitere drei Wochen dauern, bis die Eröffnung auch wirklich ansteht. Aber dann, am 20. September, immerhin so symbolträchtig wie möglich. Nämlich zum einen im Rahmen der Europäischen Mobilitätswoche — und zum anderen ausgerechnet vor dem Blauhaus. Blau ist nämlich das Stichwort. Die Rede ist von der „Blauen Route“, Mönchengladbachs erster Fahrradstraße, die von Gladbach über die Hochschule bis nach Rheydt führt. Genauer: Die „Blaue Route“ führt vom Berliner Platz über die Viktoriastraße zur August-Oster-Straße, Buscherstraße, Richard-Wagner-Straße und Brucknerallee hin zum Marktplatz in Rheydt.

Im Gegensatz zu einem Radweg oder einem Radstreifen deutet das Verkehrszeichen „Fahrradstraße“ an, dass die Trasse zuvorderst für den Radverkehr vorgesehen ist. Es gilt Tempo 30, Radler dürfen hier nebeneinander fahren, Autofahrer sind ausdrücklich die nachrangigen Verkehrsteilnehmer.

Für Autofahrer bringt das für Gladbach neue Konzept dennoch keine nennenswerten Beeinträchtigungen mit sich — die Trasse eignet sich ohnehin kaum für den Durchgangsverkehr, weil westlich und östlich große Achsen in Nord-Süd-Richtung parallel dazu verlaufen. Die bisherigen gelegentlichen „Schleichverkehre“ werden also ausgeschlossen — Anwohner-Pkw sind über ein Zusatz-Verkehrszeichen aber natürlich auch weiterhin zugelassen.

Und das viele Blau, das sich ausgehend von einer großen Fläche am Beginn der Viktoriastraße/Ecke Fliethstraße in Form einer Bodenlinie bis nach Rheydt ziehen wird? Hat mit der Fahrradstraße erst einmal nichts zu tun, sondern ist ein „Zubrot“. Eines, das auf eine Initiative des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) und des Masterplan-Vereins zurückgeht und per Crowdfunding der Volksbank zustande kam. Bereits Anfang 2016 waren auf diese Weise 4050 Euro von Fahrradfahrern gespendet worden, um das sicherlich auch als symbolisch zu betrachtende blaue Band zwischen Gladbach und Rheydt zu finanzieren. Immer wieder verschob sich die Realisierung des Projekts allerdings, bis die politischen Beschlüsse Ende Juni endlich getroffen waren.

Seit einigen Tagen nun sind die ersten blauen Markierungen an Viktoriastraße und Buscherstraße angebracht worden. Zurzeit lässt die Mags die Markierungsarbeiten durchführen. Nächste Woche folgt die Beschilderung, teilte die Stadt gestern mit.

Thomas Claßen vom ADFC spricht von einem „wichtigen Meilenstein für die Entwicklung des Radverkehrs in Mönchengladbach“. In sozialen Netzwerken haben auch Politiker und Oberbürgermeister Hans Wilhelm Reiners bereits ihre Freude über die Realisierung kundgetan.

Das Projekt bringt außerdem alle Voraussetzungen mit, eine Art Leuchtturmfunktion für weiterreichende Maßnahmen zu bilden. So wäre die Achse etwa gut geeignet, eines Tages Teil eines weitaus längeren Radschnellweges zu werden. Die Planung erfolgte nach dem Vorbild des vom Bundesverkehrsminister im Rahmen der Elektromobilitätsinitiative der Bundesregierung geförderten „E-Radschnellweges“ in Göttingen, der ebenfalls den Hauptbahnhof mit der dortigen Hochschule verbindet, und unter Berücksichtigung von Empfehlungen aus dem Projekt „Radschnellweg Ruhr“.

Apropos Ruhrgebiet: Essen ist ein gutes Beispiel, wie Fahrradstraßen Bestandteil eines Stadtbildes werden können. 37 „Velo-Routen“ gibt es dort bereits, eine Initiative will die Zahl im Rahmen der „Europäischen Grünen Hauptstadt Essen 2017“ auf 100 erhöhen. Die Stadt hat sich das ehrgeizige Ziel gesetzt, den „Modal Split“ — die Verteilung des Transportaufkommens auf verschiedene Verkehrsmittel — bis 2035 auf vier mal 25 Prozent für Auto, Rad, Bus/Bahn und Fußgänger zu entwickeln. Mit 100 Fahrradstraßen würde der Radverkehr dort bereits 15 Prozent erreichen. Davon ist Mönchengladbach allerdings noch weit entfernt.