Gericht: Feuer im Obdachlosenheim gelegt aus Verzweiflung

Schwere Brandstiftung und versuchter Mord lautet die Anklage.

Mönchengladbach. Was ist wirklich in den Morgenstunden des 12. September letzten Jahres in dem Obdachlosenwohnheim an der Beckerstraße passiert? So völlig klar ist das der Siebten großen Strafkammer des Landgerichts Mönchengladbach noch nicht.

Der Angeklagte René K. (22) hat eingeräumt, dass er in dieser Nacht Decken und alle seine Kleidungsstücke außer denen, die er am Leib trug, in einen türenlosen Schrank geräumt und angezündet hat. Er habe am Vorabend direkt beim Hereinkommen in das Haus Streit mit seinem Mitbewohner Jens W. (24) bekommen — wie so häufig. Wobei Streit das falsche Wort sei. W. habe ihn „angemacht“, er selbst sei — wie immer in solchen Situationen — wortlos hoch in sein Zimmer im Dachgeschoss des Hauses gegangen.

Dort habe er über sein Leben nachgedacht, eine Zigarette nach der anderen geraucht und sei zu dem Schluss gekommen: „Alles, was ich anfasse, geht schief.“ Er habe „den anderen“ die Schuld dafür gegeben, dass er keine Lust mehr hatte zu leben. „Ich wollte erst die umbringen und dann mich“, sagte er vor Gericht. Zu diesem Zweck habe er aus dem Haus eine Rasierklinge mitgenommen.

Nachdem er die Decken und die Kleidung angezündet habe, habe er sein Zimmer verlassen und es abgeschlossen. Danach sei er „eine halbe bis eine Stunde“ ziellos durch die Gegend gelaufen. Dann habe er sehen wollen, was aus der Brandstiftung geworden sei. „Von außen sah das Haus ganz normal aus“, schilderte er. „Jens, Frank und Markus saßen in der Küche und unterhielten sich — darüber, dass es verschmort rieche, möglicherweise eine Sicherung durchgebrannt sei.“ Er selbst habe ihnen gesagt, sie sollten die Feuerwehr rufen, sei dann wieder geflohen und nach zwei Tagen gefasst worden.

Drei seiner früheren Mitbewohner sagten ebenfalls aus. Von einem immerwährenden Streit, von Mobbing gegenüber dem Angeklagten wollten sie nichts wissen. Man sei sich aus dem Weg gegangen, alle seien Einzelgänger. Ein Zusammensitzen in der Küche habe es nie gegeben — auch nicht an diesem Morgen. Markus W. (37) berichtete, er habe oben in seinem Dachzimmer geschlafen, sei von der Feuerwehr, die mit der Drehleiter vor seinem Fenster stand, geweckt worden. Jens W. erklärte, er habe schließlich Rauch bemerkt und deshalb die Feuerwehr gerufen. Daran, dass René K. sie gewarnt haben könnte, konnte sich niemand erinnern.

Der Prozess wird am 2. April fortgesetzt. Die Anklage lautet auf versuchten Mord, schwere Brandstiftung und gefährliche Körperverletzung.