Gladbach — die Autostadt
Die Zahl der Wagen ist in der ersten Hälfte des Jahres gestiegen. Und der Trend wird so bleiben. Lösungsvorschläge wegen Lärm und Gestank gibt es. Aber keine Entscheidung.
Mönchengladbach. 392 zugelassene Neuwagen im ersten Halbjahr 2011 — das klingt zunächst nach einer nicht wirklich riesigen Zahl. Aber, wie immer im Leben, der Trend ist entscheidend. Es sind rund neun Prozent mehr Neuzulassungen als im ersten Halbjahr des vergangenen Jahres. Und mit den Gebrauchtwagen, die von Gladbachern umgemeldet wurden, fahren damit in diesem Jahr bereits 123 100 Autos durch die Stadt.
Seit 2008 steigt die Zahl der Pkw pro Jahr um etwa tausend Autos. In diesem Jahr allerdings bereits in den ersten sechs Monaten um 2000.
Wahrscheinliche Gründe sind: Mit dem Anziehen der Wirtschaft geben die Menschen wieder mehr Geld aus, die Zahl der Single-Haushalte steigt und gleichzeitig die der Familien, die mehr als ein Auto besitzen.
Für die kommenden Jahre heißt das: Der Verkehr in der Stadt wird weiter wachsen. Obwohl es durch den demografischen Wandel zukünftig immer weniger Mönchengladbacher geben wird, nimmt die „Pkw-Verfügbarkeit“ laut einer Prognose von Verwaltungsexperten, die bis ins Jahr 2015 blickt, zu. „Das sogenannte Wegeaufkommen wird steigen, also der zurückgelegte Weg pro Person“, nennt Stadtsprecher Dirk Rütten einen Aspekt dieser Untersuchung.
Der Blick auf diesen „Individualverkehr“ ist Teil des Verkehrsentwicklungsplans, den die Verwaltung in den vergangenen Jahren erarbeitet hat. Dazu gehören Themen wie „gute Erreichbarkeit“ für die motorisierten Gladbacher genauso wie Lücken im Radwegenetz, Verbesserungen von Bus- und Bahnverbindungen, die Frage der Sicherheit von Radfahrern und Fußgängern oder Probleme mit Lärm und Abgasen an vielbefahrenen Straßen. „Aus Sicht der Wissenschaftler und Stadtexperten ist alles fertig und kann verabschiedet werden“, sagt Rütten.
Aber gerade der Punkt „Individualverkehr“ dürfte der Grund dafür sein, dass das noch nicht geschehen ist. Denn die Ratsmehrheit aus SPD, FDP und Bündnis-Grünen ist sich da nicht einig.
Der bei der Verwaltung zuständige Planungsdezernent Andreas Wurff hatte den bisherigen Entwurf des Verkehrsentwicklungsplans, dessen Eckpunkte aus 2009 stammen, überarbeitet.
Bei den erstrebenswerten Zielen hat Wurff den Anteil an den in großem Maße Feinstaub und Lärm produzierenden Autos im Vergleich zu den weniger oder unproblematischen Verkehrsteilnehmern, also Radfahrer, Fußgänger und Busse, verringert.
Die Fraktionen der Ampel-Kooperation sind nach WZ-Informationen gespalten, was diese Zielvorgaben angeht. Die FDP will demnach über die alte Version, also ohne Wurffs Änderungen abstimmen. Den Grünen ist weniger Individualverkehr schon immer lieb gewesen, also liegt ihnen der von Wurff veränderte Entwurf näher.
Die SPD-Fraktion will sich am Montag Abend von einem Vertreter der Stadtverwaltung die Eckpunkte der alten und neuen Version vorstellen lassen. Spätestens bis zur Sommerpause wolle man sich dann innerhalb der Ampel-Koalition einigen, heißt es.