Grab verwüstet und geplündert

Die Ruhestätte von Ingrid Heinles Eltern ist in einem schlimmen Zustand. Sie hat die Mitarbeiter der Stadt in Verdacht.

Foto: Heinle

So sollte der letzte Besuch am Grab ihrer Eltern nicht ablaufen: Die Messingbuchstaben des Grabsteins wurden herausgeschlagen, die Blumenvase fehlte, die Scherben der Laterne waren auf der Grabstelle verteilt. Weinend verließ Ingrid Heinle den Friedhof. Und sie möchte ihn auch nicht mehr betreten. Für sie steht fest: „Das Grab wurde ausgeschlachtet. Alles, was man irgendwie zu Geld machen kann, fehlt.“

Foto: Isabella Raupold

Das Grab auf dem städtischen Friedhof an der Preyerstraße sollte abgetragen werden, bereits im Dezember lief der Pflegevertrag mit dem Amt für Friedhofsunterhaltung aus. Sofort danach habe sich Ingrid Heinle im zuständigen Büro erkundigt, wann die Mitarbeiter die Grabstätte abräumen würden. „Man sagte mir, dass etwa 150 Gräber abzuräumen seien und der genaue Zeitpunkt im Ermessen der Gärtner liege“, so die 69-Jährige. „Zwar stand zwischenzeitlich ein Schild auf dem Grab, aber es gab nie einen Hinweis, wann es endgültig verschwindet.“

Ingrid Heinle

Dass sie das Grab Anfang Februar jedoch in einem völlig verwüsteten Zustand vorfinden würde — damit hatte die Seniorin nicht gerechnet. Nur ein einziger Messingbuchstabe hing noch an dem Grabstein. Dieser war bereits mit einem roten Punkt zur Abtragung markiert.

„Ich habe mich sofort per Brief bei der Stadt beschwert“, sagt Heinle. „Ich warte bis heute auf eine Antwort.“ Heinle nimmt die Mitarbeiter der Stadt in die Pflicht. „Ich bin überzeugt, dass die selbst dafür verantwortlich sind“, sagt sie. „Auch wenn das Grab abgelaufen ist — dieser Zustand ist einfach nur menschenunwürdig.“

Vor zwei Tagen wurde das Grab von der Stadt komplett abgeräumt. Laut Verwaltung ist der erste Schritt bei einer Abtragung die Entfernung des Grabschmucks. Anschließend würden auch Grabstein und Bewuchs entfernt werden. „Frau Heinle ist offenbar genau in dem Zeitraum am Grab gewesen, als es erst teilweise abgeräumt war“, sagt Stadtsprecher Dirk Rütten. Die Seniorin sei jedoch ordnungsgemäß per Aufkleber am Grab sowie Aushang am Friedhofseingang darauf hingewiesen worden, dass die Ruhefrist für das Elterngrab am 29. Dezember 2015 abgelaufen war. Dies sei der reguläre Ablauf — da die Stadt nicht die Möglichkeit habe, jeden Angehörigen einzeln zu ermitteln und zu benachrichtigen. „Auf Nachfrage wurde Frau Heinle anschließend darauf hingewiesen, dass das Grab ab Januar abgeräumt werden müsse, wenn sie es nicht verlängern lasse“, sagt Rütten.

Ingrid Heinle reagiert empört auf diese Erklärung der Stadt. „Die haben mich nie genau informiert, wann sie dort mit den Arbeiten anfangen. Und ein Grab für mehrere Tage so zu hinterlassen, ist nicht nur schlampig, sondern eine Beleidigung der Angehörigen.“