Kanzler Bismarck vom Sockel geholt

Umzug: Nach mehr als 30 Jahren im Foyer des Rheydter Rathauses kommt eine Statue ins Schloss Rheydt.

Mönchengladbach. Otto von Bismarcks Zeit im Rheydter Rathaus ist vorbei. Mehr als 30 Jahre hat die Statue des "Eisernen Kanzlers" dort im Foyer gestanden. Künftig wird das Museum Schloss Rheydt das neue Zuhause des fast drei Meter großen Holzriesen sein.

Bismarcks Umzug beginnt im Morgengrauen. Neun Mitarbeiter eines Gladbacher Umzugsunternehmens müssen mit anpacken, um den 800-Kilo-Koloss wohlbehalten auf einen Laster zu verstauen. Mit vereinter Kraft legen sie die Statue auf Rollbretter, wickeln sie sorgsam in Decken und Luftpolsterfolie. Ein Kran hebt die Figur auf den Lastwagen. Dann geht es zur Vorburg im Schloss.

Wilhelm Stratmann, Museumsdirektor im Schloss Rheydt, atmet auf. Er hat die Reise der Statue des ersten deutschen Reichskanzlers organisiert. Der Grund: Am 24.Februar beginnt im Schloss-Museum die Ausstellung "Flashback - Geschichten aus Stadt und Region". Die Bismarck-Figur soll dabei ein Dokumentations-Stück für den Ersten Weltkrieg sein.

"Die ganze Ausstellung mit Bildern und Objekten soll das städtische Geschichtsbewusstsein von Napoleon bis zur Gegenwart stärken. Für die Zeit Anfang des 20. Jahrhunderts ist die Bismarck-Statue ein sehr aussagekräftiges Exponat", so Stratmann.

Der Holzriese erzählt ein Stück städtischer Vergangenheit. 1916 stellte man ihn unter einem Pavillon am Rheydter Marienplatz auf. Nach dem Krieg wurde er zu einem Wahrzeichen für Opfer und Hinterbliebene. "Man konnte in Rheydt Nägel kaufen, die je nach Material unterschiedlich teuer waren. Kupfernägel kosteten nur ein paar Pfennig, Goldnägel wesentlich mehr. Der Erlös kam Familien von Gefallenen zugute. Als Erinnerung konnte jeder seinen Nagel in die Holzstatue schlagen", berichtet Stratmann. Der Holz-Bismarck wurde zwar zwischenzeitig mit einem dunklen Lack überzogen. Trotzdem sind die Nägel noch gut zu erkennen.

Beim Umzug lüftete die Bismarck-Figur kleine Geheimnisse aus der Vergangenheit. In ihrem Sockel steckten Reste einer alten Urkunde und ein vergilbter Zettel mit einer Nachricht: "Komm’ um 14 Uhr ins Zimmer 347". "Das werden wohl vor vielen Jahren Kinder beim Spielen oder bei einer Schnitzeljagd dort versteckt haben", vermutet Stratmann.

Was an Bismarcks Stelle ins Foyer des Rathauses kommt, steht noch nicht fest.