Schausteller aus Mönchengladbach in Sorge Droht Volksfesten das Aus?

Mönchengladbach. · Abgesagte Veranstaltungen bringen Schausteller in Existenznot. Aber auch den Kunden fehlt das Geld.

Foto: Raupold, Isabella (ikr)

Etliche Branchen sind wirtschaftlich von der Corona-Krise betroffen. Auswirkungen sind kaum abzuschätzen. Die Angst vor der Pleite geht um. Mit aller Härte trifft die Corona-Situation fast alle Branchen, so auch die der Schausteller.

Volksfestkultur bedroht

Detlef Dreßen ist der Vorsitzende des Schaustellerverbandes in der Region. „Tausende Familienunternehmen in Deutschland, Hunderte bei uns und damit auch die Volksfestkultur sind in ihrer Existenz bedroht“, erklärt er die aktuelle Situation. In jedem Jahr ist Ostern für die Schausteller eine der wichtigsten Einnahmequellen, doch fällt das vom Schaustellerverband veranstaltete traditionelle Ostervolksfest am Geroweiher unter das bis zum 19. April 2020 terminierte Veranstaltungsverbot, das alle öffentlichen und privaten Veranstaltungen untersagt.

Angst vor der Pleite

Schausteller Sven Tusch tüftelt an Verbesserungen.

Foto: Andreas Gruhn

Auf den Weihnachtsmärkten generierten die Betriebe ihre letzten Einnahmen, in der Regel können sie sich mit dem erwirtschafteten Jahreseinkommen bis Ostern über Wasser halten. So kommt Coron für die Schausteller zur Unzeit. Die einkommenslose Phase verlängert sich. „Einige können sich noch zwei bis drei weitere Monate über Wasser halten, doch dann kommt die Pleite. Die Angst vor dem Ruin geht um“, sagt Dreßen. Erschwerend kommt hinzu, dass die ausländischen Saisonarbeitskräfte bereits eingetroffen waren und wieder nach Hause geschickt wurden.

Imbiss hinter Acrylglas

Die Situation sieht Sven Tusch, Schausteller und Marktausstatter (unter anderem Weihnachtsmarkt an der Hindenburgstraße und Stadtschützenfest im September), genauso kritisch: „Das ist ein Waterloo für uns und gleicht einem Berufsverbot. Wir haben bereits Absagen bis in den Juni.“ Immer im Vorjahr kalkuliere er den Jahresumsatz für die kommende Saison vor. „Logischerweise hat eine Nicht-Veranstaltung einen Null-Umsatz.“ Der Familienbetrieb von Christiane und Sven Tusch hatte für Ostern eine Standgenehmigung für den Ostermarkt in Nürnberg, einem der größten Deutschlands. Genau wie die Veranstaltung im Frankenland fiel für Tusch auch jetzt das Schützenfest in Kleinenbroich aus. „Doch eines haben wir Schausteller aus dieser Corona-Zeit gelernt“, sagt Tusch. „Wir werden zur Vorbeugung und zum Schutz unserer Kunden zum Beispiel Desinfektionsspender an unsere Imbisswagen anbringen und auch Acrylglasscheiben, durch die dann Speisen ausgegeben werden können. Wir tüfteln bereits an einigen Maßnahmen und Verbesserungen.“

Auch der Kundschaft fehlt Geld

Rolf Jansen ist Zeltwirt, und er sieht die Situation mehr als ernst: „Wenn wir die Sommersaison nicht hinbekommen, gibt es Ende des Jahres keine Schausteller mehr.“ Zwar werde derzeit versucht, Termine zu verschieben, doch eine abgesagte, regelmäßige Veranstaltung wie zum Beispiel einen Tanz in den Mai, der termingebunden ist und etwa 50 000 Euro Umsatz bringt, könne man nicht irgendwo hinschieben. „Hinzu kommt“, sagt Jansen, „dass Menschen in dieser schrecklichen Zeit arbeitslos werden oder Kurzarbeit haben. Woher kommt das Geld zum Ausgeben?“ Ein weiteres Problem: „Wir Schausteller müssen viel in Neuerungen investieren, und da laufen Kredite. Wie also zurückzahlen?“

Soforthilfe reicht nicht

Mittlerweile sind finanzielle Mittel durch die „NRW-Soforthilfe“ bei den Schaustellern eingetroffen. Rolf Jansen und Sven Tusch: „Das lief unproblematisch und dient uns zur Überbrückung. Diese Unterstützung hilft zwar zunächst, doch wir brauchen dringend Einnahmen.“ Detlef Dreßen: „Zur Überbrückung hilft das, doch es ist nur ein Tropfen auf den sprichwörtlichen heißen Stein.“

Ende einer Tradition?

Schausteller verdienen ihr Geld hauptsächlich auf Volksfesten sowie einigen zusätzlichen Märkten. „Volksfeste“, sagt Dreßen, „können nur durch uns beschickt werden. Und wenn es unsere Betriebe nicht mehr gibt, wird es auch keine Volksfeste mehr geben. Damit steht eine mehr als 1200-jährige Kultur auf dem Spiel.“