Stammzellenspende Stammzellenspenderin rettet ein Leben

Mönchengladbach/Detroit. · Bei dem Amerikaner Mark Jones wird 2017 Leukämie diagnostiziert. Die Gladbacherin Eva Frentzen kommt als Spenderin infrage.

Eva Frentzen spendete Stammzellen für Mark Jons. Jetzt lernten sich die beiden kennen.

Foto: Bauch, Jana (jaba)

Dass diese Geschichte ein Happy End haben würde, stand keineswegs fest. Im Gegenteil. Bei dem US-Amerikaner Mark Jones wurde 2017 eine besonders aggressive Form von Leukämie diagnostiziert. Der bis dahin gesunde und sportliche Mann brach plötzlich zusammen: Organversagen, Koma. Die Diagnose Blutkrebs und eine Chemotherapie folgen, und schnell ist klar: nur eine Stammzellenspende kann helfen.

Weltweit kommen nur drei Menschen dafür in Frage. Einer lehnt ab. Die zweite ist die Mönchengladbacherin Eva Frentzen. Als die Anfrage kommt, zögert sie keinen Moment, auch wenn viele sie für verrückt erklären. Ihre Spende rettet Mark Jones das Leben. Zweieinhalb Jahre später kann sie Jones auf dem Flughafen von Detroit in die Arme schließen. „Das war ein ganz besonderes Gefühl“, sagt sie. „Ich habe einen Seelenverwandten getroffen und eine zweite Familie gefunden.“

Eva Frentzen ist heute 35 Jahre alt, arbeitet als technische Zeichnerin und hatte sich 2007 typisieren lassen. „Es wurden damals Stammzellenspender für ein Kind gesucht“, sagt sie. Weil sie in ihrem engsten Freundes- und Bekanntenkreis drei junge Menschen durch Krebs hat sterben sehen, ist sie für das Thema sensibilisiert. Doch erst 2017 bekommt sie einen Brief, aus dem sie erfährt, dass sie einen genetischen Zwilling hat, der ihre Stammzellen benötigt. Obwohl sie nichts über die Person erfährt, hat sie keinen Zweifel – sie will spenden. Eine Feintypisierung mit umfangreichen Untersuchungen folgt. Bereits am nächsten Tag kommt der Anruf: Alles passt. Drei Wochen später geht Frentzen ins Krankenhaus nach Köln. In der überwiegenden Mehrheit der Fälle können die benötigten Stammzellen durch Dialyse aus dem Blut des Spenders gewonnen werden, aber in ihrem Fall ist eine Knochenmarkspende notwendig.

Knochenmarkspende

Foto: Eva Frentzen

„Viele Menschen haben mich für verrückt erklärt“, sagt Frentzen, „weil sie glauben, die Spende sei gefährlich und ich könne querschnittsgelähmt werden.“ Die Reaktion der Umwelt erschüttert sie, bringt ihren Entschluss aber nicht ins Wanken. Dann ein Gänsehautmoment bei der Ankunft in der Klinik: Auf einer Deutschlandkarte werden die Stammzellenspender mit Fähnchen markiert. „Mönchengladbach hatte schon sehr viele Fähnchen, das war toll“, sagt sie. Der Eingriff selbst geht unter Vollnarkose vonstatten, die Stammzellen werden nicht aus dem Rückenmark entnommen, wie die „Wie-kannst-du-nur-so-verrückt-sein“-Fraktion glaubt, sondern aus dem Beckenkamm. Die Schmerzen hinterher sind sehr gering. Eine Woche später geht Frentzen wieder zur Arbeit, nach zehn Tagen tanzt sie wieder Salsa mit Hüftschwung. „Ich hatte es mir wirklich viel schlimmer vorgestellt.“ Dann beginnt das bange Warten. Wird ihr genetischer Zwilling, von dem sie inzwischen Geschlecht, Alter und Heimatkontinent kennt, es schaffen? Nimmt sein Körper die Spenderzellen an?

Nach zwei Jahren Wartezeit ist Briefkontakt erlaubt. Und Eva Frentzen bekommt einen Brief aus den USA. „Ich bin in Tränen ausgebrochen, es war der schönste Brief, den ich je bekommen habe“, sagt sie. Ihr „Blutsbruder“ Mark Jones ist inzwischen aus dem Krankenhaus entlassen worden, kann wieder arbeiten, ist ihr unendlich dankbar und möchte sie kennenlernen. Später telefonieren sie ausführlich und im September 2019, zweieinhalb Jahre nach der Stammzellenspende, fliegt Eva Frentzen in die USA und wird in Detroit von Mark Jones und dessen Frau Jane in Empfang und in die Arme genommen. Zweieinhalb Wochen bleibt sie, lernt den Rest der Familie kennen und erkennt: „Mark hätte ein großes Loch hinterlassen.“ Ein Gegenbesuch von Mark und Jane in Deutschland ist geplant, Eva Frentzen freut sich schon darauf.

Nicht immer enden Geschichten von Stammzellenspendern so positiv, nicht alle Empfänger überleben. „Aber man hat einem Menschen mit der Spende Hoffnung gegeben“, sagt die Gladbacher Spenderin. „Das reicht.“ Sie würde es immer wieder tun. „Ich habe dadurch nur gewonnen.“