Ohne eine Entlastung durch den Bund drohen Steuererhöhungen
Kämmerer hofft, dass das Minus in der mittelfristigen Planung noch ausgeglichen werden kann.
Mönchengladbach. Gladbachs Politiker dürfen sich diese Formulierung auf dem Munde zergehen lassen: „Konditionierte Eventualsteuererhöhung zur Absicherung der Entlastung aus dem Bundesteilhabegesetz ab 2018“. Vor allem die Volksvertreter dürfen diesen Terminus technicus fleißig auswendig lernen. Denn es ist gar nicht ausgeschlossen, dass er nicht nur ein Begriff bleibt, sondern Realität wird. Und bevor jetzt Suchmaschinen und Lexika bemüht werden, um zu einer Definition zu kommen: Dahinter stecken Steuererhöhungen.
Was die früheren Ampel-Partner aus SPD, Grünen und FDP in der vergangenen Wahlperiode vollmundig angekündigt haben — den Hebesatz für die Gewerbesteuer zehn Jahre lang unverändert zu lassen — muss eine neue politische Mehrheit unter Umständen wieder korrigieren. Darauf bereitete Kämmerer Bernd Kuckels gestern die Ratsvertreter vor.
Fakt ist: Die städtische Haushaltsplanung läuft wieder aus dem Ruder. Hatte Kuckels noch im vergangenen Jahr einen ausgeglichenen Etat für das Jahr 2018 angekündigt, so taucht in der mittelfristigen Finanzplanung jetzt ein Minus auf: Es sind 6,9 Millionen Euro. Und dieses Minus vergrößert sich bis 2021 auf 17,8 Millionen Euro. Die Stärkungspakt-Kommune Mönchengladbach, die mit finanziellen Zuschüssen des Landes, eigenen Sparanstrengungen und zusätzlichen Einnahmen (vor allem Steuern und Gebühren) ins Haushaltsplus geführt werden soll, stände erneut mit dem Rücken zur Wand.
Doch Kuckels spricht bei seiner Begriffs-Eigenschöpfung bewusst von „Konditionierte Eventualsteuererhöhung“. Und das bedeutet: Es gibt noch ein Hintertürchen, durch das die Stadt mit einem blauen Auge entschwinden könnte und im Haushaltsplus landen würde. Aber da muss die Bundesregierung mitspielen: Sie muss die Kommunen bei der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung entlasten. Das hat die Große Koalition in Berlin für 2018 beschlossen, und Kuckels hat bereits ausgerechnet, wie sich das für die Stadt auswirken wird: Es sind fast 20 Millionen Euro, die Gladbach berücksichtigen könnte. Wenn das so kommt, wäre alles wieder im Lot und höhere Steuersätze wären nicht notwendig — vorerst. Und Stadtkämmerer Kuckels ist sehr sicher, dass die Entlastung kommt.
Was hat die Gladbacher Bilanz in der mittelfristigen Finanzplanung wieder verhagelt? Es sind die schon üblichen schlechten Nachrichten: Die Sozialausgaben klettern wieder überproportional — auch wegen der zusätzlichen Unterbringung von mehr Flüchtlingen. Die Personalausgaben stiegen wegen des Tarifabschlusses im öffentlichen Dienst höher als die veranschlagten zwei Prozent. Die NEW-Dividende geht zurück, da die Margen im Energiegeschäft rückläufig sind — die Stadt bekommt daher auch weniger.
Aber es gibt auch Positives. Dass die Stadt im Aufbruch ist, macht sich bemerkbar. Die Gewerbesteuer liegt auf einem hohen Niveau von mehr als 150 Millionen Euro und soll weiter klettern. Finanziert sind der Kauf des Schlüsselgrundstücks in der City-Ost, die 6. Gesamtschule und die Sanierung der Stadtbibliothek an der Blücherstraße.