Polizei: Fahrradklau im großen Stil

Weil die Rahmennummer fehlt, bleiben über 200 Räder beim beschuldigten Händler.

Mönchengladbach. Das Interesse war nur vorgespielt. Sie wolle das Fahrrad kaufen, weil es "so gut wie neu und so preiswert" sei, sagte die junge Frau dem 47-jährigen Händler.

Wenig später wurde der Gladbacher kreidebleich. Da erfuhr er, dass die Käuferin eine Polizistin ist. Und das Fahrrad, für das sich die Undercover-Beamtin interessierte, war gestohlen.

Mittlerweile befindet sich der Mann aus einem ländlichen Gladbacher Stadtteil, dem gewerbsmäßiger Diebstahl und Hehlerei von Zweirädern in großem Stil vorgeworfen wird, erst einmal in Untersuchungshaft. Er schweige "hartnäckig" zu den Vorwürfen, sagte gestern ein Polizeisprecher.

Immerhin entdeckten die Beamten der Sonderkommission "Felge" mehr als 250 "verdächtige" Räder im und am Laden-Lager des 47-Jährigen: vom Kinderrad über das Sonderangebot bis zum hochwertigen Rennrad für mehrere 1000 Euro.

Über den erfolgreichen Zugriff wollen sich die Polizisten aus der "Felge" gar nicht so recht freuen. Denn sie können lediglich 30 Zweiräder angezeigten Diebstählen zuordnen - weil die Bestohlenen Kaufbeleg und vor allem Rahmennummer vorlegten.

Thomas Nehrenheim, Leiter des Gladbacher Kommissariats für Fahrzeugdelikte: "Die anderen über 200 Räder haben wir zurücklassen müssen." Über die kann der Beschuldigte nun weiterhin frei verfügen.

"Leider notieren sich die wenigsten Käufer die Rahmennummer ihres neu erworbenen Rades oder füllen einen Fahrradpass aus", fügt er hinzu. Für die Ermittler sei es dann nahezu unmöglich, einen sichergestellten Drahtesel einem Diebstahl zuzuordnen. Im jüngsten Fall fanden die Beamten in einer Mülltonne viele abgeklemmte Ring- und Felgenschlösser. Ihre Vermutung: Weit mehr als die 30 Räder stammen aus Diebstählen.

Seit Anfang Juli ermittelt die Kriminalpolizei gegen den Einzelhändler. Der hatte das Geschäft mit vor allem teuren Velos im Januar 2007 eröffnet. Seitdem, so vermuten die Ermittler, habe der Gladbacher auch und vor allem geklaute Räder angeboten.

Ob er diese stehlen und über "Zwischenhändler" kommen ließ, sei derzeit nicht bekannt. Die "Felge"-Beamten schließen nicht aus, dass auch eine Reihe von Junkies Fahrräder brachten - um über den Erlös ihre Sucht zu finanzieren.

Anzunehmen ist auch, dass das fahrbare Diebesgut nicht nur aus dem Großraum Gladbach, sondern auch aus Nachbarstädten stammt. In einem Fall wurde das bestätigt. In Zusammenarbeit mit Beamten aus dem Kreis Viersen stellte das "Felge"-Team fest: Mindestens acht zwischen November 2007 und Mai 2008 entwendete Fahrräder kommen aus Schwalmtal - die Ziffern im Radrahmen sind bekannt.

Für Zweiradbesitzer reicht es, wenn sie diese Nummer plus Kaufquittung aufbewahren. Radpässe stellen Polizei (MG 290) wie Fahrradverkäufer aus.

Der Fahrradklau in Gladbach ist eher rückläufig. 2006 gingen 1549 verloren. Ihr Diebstahl wurde angzeigt. 2007 waren es 1406. 693 sind es im 1. Halbjahr dieses Jahres.