Progronose von Mönchengladbachs Leiter Stadtentwicklung Torsten Stamm Teil II
Was können die Stadtplaner für die Gladbacher tun?
Was bedeutet der Trend zum zentralen Wohnen in der Konsequenz für die Stadtplaner?
Stamm: Wir werden weiter möglichst viele Brachen innerhalb der Stadt- beziehungsweise in Stadtteilzentren als Wohnflächen aktivieren. Würden bei gleichzeitig sinkender Bevölkerungszahl weiter vermehrt Eigenheime am Stadtrand gebaut, würden die Innenstädte „ausbluten“. Auch volkswirtschaftlich spricht alles gegen das Wohnen „im Grünen“. Grundstücke in Randlage müssen u.a. mit Straßen und Kanalnetz erschlossen werden. Und das kostet die Stadt und damit die Steuerzahler dreimal so viel wie das Ansiedeln innerhalb der Zentren. Im Jahr 2025 werden in Mönchengladbach weitere schöne Architekturen frei geworden sein. Zum Beispiel können bis dahin Schulgebäude oder Kirchen bewohnt werden, die angesichts der sinkenden Zahl von Bürgern sonst leer stünden. Bereits jetzt gibt es mit der Kirche in Geneicken und in Pesch zwei solcher Beispiele in der Stadt.
Wenn man in der Zukunft kurzer Wege anders mobil ist, was muss die Stadt tun?
Stamm: Vor allem fürs Radfahren hat Mönchengladbach Nachholbedarf. Die Stadt braucht ein sicheres, schnelles, verknüpftes Wegenetz, das nicht, wie jetzt, zu Todesangst auf dem Drahtesel führt. Bisher gibt es hier eine alltagstaugliche Strecke und da eine, aber es geht darum, sie zu verbinden, und zwar ausdrücklich nicht an autobefahrenen Straßen. Am Beispiel der Giesenkirchener Gespräche hat sich gezeigt, dass es genug Gassen zwischen Häusern und Wege abseits von Straßen gibt, die einfach nur mal freigeschnitten und mit Laternen ausgestattet werden müssen, damit sich ein solches Netz ergibt.
Wenn gleichzeitig der Güterverkehr steigt, wie können die Stadtplaner reagieren, damit das für die zentral wohnenden Menschen keine Belastung ist?
Stamm: Die Stadtplaner müssen versuchen, die Lastwagen aus der Innenstadt herauszuhalten, um die Wohnqualität für die Menschen, die hier leben, zu erhalten. Schon jetzt ist das Teil der Vorschläge für den Luftreinhalteplan, den die Bezirksregierung Düsseldorf von der Stadt gefordert hatte. Dazu gehört auch die Idee, eine Umweltzone und ein Lkw-Verbot in der Innenstadt einzurichten.
Gegen den steigenden Lärm gibt es ja schon jetzt in Mönchengladbach an vielen Stellen Flüsterasphalt für die Hauptverkehrsachsen. Außerdem bieten sich tempo-begrenzte Zonen an. Auch so etwas ist Teil des Lärmaktionsplans oder des Verkehrsentwicklungsplans der Stadt, die in den kommenden Jahren ständig den Bedürfnissen angepasst werden müssen.
Egal, auf welchem Weg die bestellte Ware die Menschen erreicht — was muss bei der Nahversorgung beachtet werden?
Stamm: Wenn die Menschen zentral wohnen und kurze Wege wollen, dann haben Supermärkte und andere Geschäfte nichts in Gewerbegebieten und abseits der Wohnviertel zu suchen. Heute erledigen das viele noch mit dem Auto. Aber eigentlich muss man, was man an der Tankstelle ausgibt, auf jede Tomate draufschlagen. Und mit dem Blick auf die durch den demografischen Wandel zunehmende Zahl von Senioren, die irgendwann nicht mehr Autofahren können und wollen, lautet die Philosophie der Stadtplaner: Zentrale Bedürfnisse sollen an zentral liegenden Orten gedeckt werden können. Mit dem Einzelhandelskonzept verfolgt die Stadt schon heute das Ziel, Discounter auf der grünen Wiese zu verhindern. Die Stadt wird deshalb häufig verklagt.
Von der Nah- zur Freizeitversorgung — was wird geplant?
Stamm: Wegen der Vorlieben und der sinkenden Zahl der Kinder und Jugendlichen geht bei den Sport- und Spielplätzen die Entwicklung zum Beispiel dahin, dass es weniger, aber bessere Flächen geben muss. Also statt zwei Bolzplätzen lieber einen Kunststoffplatz mit verschiedenen Sportangeboten. Schon jetzt lässt sich allerdings beobachten, dass Jugendliche am allerliebsten sogar komplett unreglementierte Ecken für sich haben, in denen es keine Vorgaben gibt und die sie nutzen können, wie sie wollen.