Salafismus: „Vogel und Lau sind gefährlich“
Thorsten Gerald Schneiders über Salafismus in Mönchengladbach, Pierre Vogel und Sven Lau sowie die Motive, sich den Salafisten anzuschließen.
Wie sind Sie auf die Idee gekommen, ein Buch über den Salafismus in Deutschland zu schreiben?
Thorsten G Schneiders: Als mir klar wurde, dass sich der Salafismus in Deutschland rasant ausbreiten und zum dauerhaften Problem werden würde, war für mich als Islamwissenschaftler der Zeitpunkt gekommen, ein Buch darüber zu machen. Das habe ich bewusst auf eine breite fachliche Basis gestellt — es finden sich fachliche Texte darin, aber auch Erfahrungsberichte von Menschen, die unmittelbar mit Salafisten zu tun hatten oder sogar selbst Teil der Szene waren.
Wie entstand denn dann die Verbindung nach Mönchengladbach?
Schneiders: An Mönchengladbach kommt man nicht vorbei, wenn man über den Salafismus in Deutschland schreibt. Denn hier fand im Grunde eine der ersten massiven Konfrontationen zwischen der Bevölkerung und den Salafisten statt.
Bewegungen wie „Hooligans gegen Salafisten“ (Hogesa) und „Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ (Pegida) richten sich nun gegen die Salafisten.
Schneiders: Es war nur eine Frage der Zeit, bis so etwas entstehen würde. An der Stelle, an der die Salafisten in die Öffentlichkeit drängen, fördern sie automatisch extremistische Gegenreaktionen. Und beide Bewegungen befruchten sich nun gegenseitig. Die Salafisten sehen in den Demonstrationen einen weiteren Beweis für den Islamhass in Deutschland. Das werden sie für ihre Hetze nutzen. Und je mehr sie das tun, desto mehr fühlen sich Pegida und Hogesa in ihrem Handeln bestätigt. Diese Spirale muss unbedingt gestoppt werden, denn die Menschen werden dazwischen aufgerieben.
Die wichtigsten Figuren im Zusammenhang mit Mönchengladbach sind Pierre Vogel und Sven Lau. Wie schätzen Sie die beiden ein? Wie gefährlich sind die beiden?
Schneiders: Ich halte sie für gefährlich. Beide rufen zwar nicht öffentlich zu Gewalttaten auf, aber sie holen Leute in die Szene hinein. Gerade Pierre Vogel spricht mit seiner kumpelhaften Art junge Leute an. Sobald sie dann in der Szene sind, hat Vogel nicht mehr unter Kontrolle, in welche Richtung sie sich entwickeln — ob sie beispielsweise Kontakt zu dschihadistischen Salafisten aufnehmen.
Und Sven Lau?
Schneiders: Laut dem Porträt von ihm in meinem Buch ist er eher ein ruhiger Typ, ein Mitläufer, für den Pierre Vogel ein Idol ist. Im Gegensatz zu Vogel, der innerhalb kurzer Zeit sowohl Arabisch gelernt als auch sich in die islamische Theologie eingearbeitet hat, ist Sven Lau eher ein einfacher Mensch.
Das Kapitel der Aussteigerin in Ihrem Buch lässt den Leser entsetzt zurück. Man fragt sich: Wie kommt eine junge Frau dazu, sich einer Bewegung anzuschließen, in der sie Burka tragen muss und unterdrückt wird?
Schneiders: Für uns scheint das tatsächlich unverständlich. Die betroffenen Frauen sehen das aber anders: Sie schließen sich einer Bewegung an, die ihnen Schutz und Anerkennung verspricht. Die Rolle als Mutter und Ehefrau ist bei den Salafisten hoch angesehen. Der Preis dafür ist die Verschleierung, und den sind diese Frauen bereit zu zahlen.
Welche Erkenntnisse haben Sie denn über die aktuelle Salafistenszene in unserer Stadt?
Schneiders: Die kann ich natürlich nur aus der Ferne beurteilen. Es scheint aber so, dass sie den Standort weitgehend aufgegeben haben. Aber natürlich leben auch weiterhin Anhänger und Sympathisanten in Mönchengladbach.