Terror in Frankreich: Muslime fürchten mehr Ablehnung

Für Gladbacher Muslime waren die Attentate in Paris ein Schock. Über die Folgen gehen die Meinungen auseinander.

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Mönchengladbach. Bünyamin Basibüyük weiß, wie schlimm die Angst der Menschen in Paris gewesen sein muss. In Istanbul erlebte er vor 25 Jahren hautnah einen Anschlag kurdischer PKK-Terroristen, seine Frau konnte sich damals nur retten, indem sie sich unter ein Auto flüchtete. „Es ist Irrsinn, dass diese Männer glauben, sie täten damit etwas für unsere Religion. Im Gegenteil: Sie schaden dem Islam damit“, sagt der Chirurg und Vorsitzende des Deutsch-Türkischen Freundschaftsvereins über die Attentäter.

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Einmal habe er einen radikalen Salafisten als Patient in seiner Praxis gehabt. Er habe ihn auf seine traditionelle Kleidung angesprochen. „Er hat dann gesagt, dass er es dem Propheten Mohammed nachmache“, erzählt Basibüyük. Daraufhin habe er den Patienten gefragt, ob er denn auch mit einem Kamel in die Praxis gekommen sei, schließlich habe Mohammed auch kein Auto gehabt. Basibüyük lacht, wenn er diese Anekdote erzählt, dann wird er wieder ernst.

Es sei nun wichtig, zu erforschen, wie die Attentäter von Paris zu Terroristen geworden sind. „Es wird doch keiner als Terrorist geboren“, sagt Basibüyük. Er habe die Erfahrung gemacht, dass viele junge Migranten auch in Mönchengladbach nicht wüssten, welcher Kultur sie angehören. Genau diese Identitätskrise mache sie anfällig für radikale religiöse Parolen.

In der Diyanet-Moschee an der Duvenstraße ist die Stimmung geteilt. Der 27-jährige Tamer Bahcesever hat Angst, dass den Moslems durch den Terroranschlag in Paris noch mehr Kritik entgegenschlägt. „Wir haben ja jetzt schon mit Vorurteilen zu kämpfen. Nur weil jemand einen Bart trägt, ist er ja nicht gleich ein Terrorist“, sagt er.

Yasar Nasuh hingegen ist verärgert. „Ich finde es eine Unverschämtheit, dass Menschen auf die Straße gehen und uns aus dem Land haben wollen. Ich bin hier aufgewachsen und zahle Steuern. Wir Moslems sind ein sensibles Volk und lassen uns leichter provozieren. Aber im Grunde wollen wir doch nur in Frieden hier leben.“

Bünyamin Basibüyük hat sich die Karikaturen von „Charlie Hebdo“ angeschaut, er findet sie harmlos. In der Türkei habe Satire aber eine andere Tradition als in Deutschland oder Frankreich. „Es gibt schon Satire über die Regierung, aber niemals würden türkische Medien Karikaturen des Propheten abdrucken“, sagt er. Witze, wie sie beispielsweise die „Titanic“ über den Papst oder die katholische Kirche macht, seien dort undenkbar.

Die Pegida-Aufmärsche findet Basibüyük „absurd“. Nur rund vier Prozent der Bevölkerung in Deutschland seien Muslime, davon seien 99 Prozent friedlich. „Die Menschen haben also Angst vor einem winzigen Bruchteil der Bevölkerung“, rechnet er vor. Er ist sich aber sicher: „Eine Mögida-Bewegung wird es hier in Gladbach nicht geben.“ Dazu funktioniere das Zusammenleben hier zu gut.