Umwelt: Kampf gegen bedrohliche Pflanzen
Um heimische Flora, Weidetiere und die Gesundheit der Gladbacher zu schützen, will die Stadt konzentriert gegen Riesenbärenklau & Co. vorgehen.
Mönchengladbach. Einst beliebte Gartenstaude und Teil des Standardsortiments von Gärtnereien, heute eins der größten Ärgernisse von Naturschützern: der Riesenbärenklau, angesichts seiner Größe auch Herkules-Staude genannt. Jetzt wird ihm in Mönchengladbach mehr denn je der Kampf angesagt.
Und nicht nur ihm: Der Riesenbärenklau gehört zu den Neophyten, also zu den "eingewanderten" Pflanzen. 34 Arten, die die heimischen Pflanzen verdrängen, hat das Bundesamt für Naturschutz in Deutschland ausgemacht. Fünf Pflanzen sollen "im Keim erstickt werden" Fünf von ihnen sehen der städtische Fachbereich für Umweltschutz und Entsorgung und die Untere Landschaftsbehörde für Gladbach als Problem und wollen sie "im Keim ersticken".
Außer dem Riesenbärenklau sind das: Beifuß-Ambrosie, Japan-Knöterich, indisches Springkraut und Jakobskreuzkraut. "Diese Pflanzen haben die unangenehme Art, alles zu eroberen und keine heimischen Pflanzen mehr zuzulassen. Dadurch sind die Naturschutzgebiete gefährdet", sagt Barbara Weinthal, Abteilungsleiterin des Umweltschutz-Fachbereichs.
Davon ganz abgesehen, geht von einigen dieser Pflanzen auch eine Gefahr für Mensch und Tier aus. "Es gibt Kommunen, die nicht rechtzeitig reagiert haben und die nun regelrecht verseucht sind", berichtet Weinthal. In Mönchengladbach sei man in einem Stadium, "das man in den Griff bekommen kann".
Dazu sollen nun die Kräfte gebündelt werden. Frisch gegründet ist eine Arbeitsgruppe, an der alle, die mit Neophyten zu tun haben, zusammenkommen. So sitzen z.B. der Niersverband und die NVV mit der Stadt an einem Tisch. Der erste Schritt soll sein, die von allen gesammelten Daten und Erfahrungen zusammenzutragen.
Wo kommen Neophyten vor? Bei dieser Frage hoffen die Beteiligten auf die Mithilfe der Bürger. Auf öffentlichen Flächen kämpft man schon seit langem u.a. gegen die Herkulesstaude. Aber in den Griff bekommt man das Problem für die ganze Stadt nur, wenn auch Privat- und Firmengrundstücke ins Visier genommen werden.
"Wir bekommen lieber Anrufe, bei denen sich der Verdacht später nicht bestätigt, als keinen Anruf", sagt Marcus Klancicar von der Unteren Landschaftsbehörde. Bei ihm laufen die Meldungen zusammen (Kontakt siehe Kasten "Pflanzen melden").
In nächsten Schritten wird der Blick über die Stadtgrenzen nötig werden. Die Pflanzen vermehren sich vor allem über Straßen, Bahnstrecken und Flussläufe. Da müssen die umliegenden Kommunen einbezogen werden. Man bereitet sich auf ein viele Jahre dauerndes Projekt vor.
Die mit Abstand größte Gefahr geht nach Ansicht der Experten von der Herkules-staude/Riesenbärenklau aus. Der Saft der Pflanze kann bei Berührung zu sehr starken verbrennungsähnlichen Verletzungen führen. Das Gewächs, das aus dem Kaukasus stammt, hat sich überall im Stadtgebiet ausgebreitet.
Zwei bis vier Meter groß hat es bis zu 50 Zentimeter große Blüten. Sie bilden extrem viele Samen aus, die bis zu 80Jahre im Boden intakt bleiben. Die Staude ist mehrjährig und kommt immer wieder an der gleichen Stelle aus der Erde, wenn sie nicht ausgegraben oder aus dem Boden gefräst wird. Gift-Einsatz muss genehmigt werden.
Auf öffentlichen Geländen kämpft die Stadt seit Jahren gegen die Pflanze. Dort, wo er gemeldet wird, wird das Umland weiter beobachtet, ob sich der "Klau" ausgesät hat.
Der Pollen der Beifuß-Ambrosie kann zu starken Allergien und Asthmaanfällen führen. Die einjährige Pflanze wurde 2007 an zwei Standorten gefunden (Beltinghoven und Volksgarten).
Beide Exemplare wurden mit den Wurzeln ausgerissen und über den Hausmüll entsorgt. Entfernte Pflanzen dürfen nicht im Kompost oder in der braunen Tonne landen, damit ihre Samen nicht später in den Boden geraten.
In anderen Städten sind in der Nähe von Volièren Beifuß-Ambrosien aufgetaucht. Öko-Test fand heraus: Fast alle Vogelfutter-Sorten sind mit ihren Samen verseucht.
"Der Japan-Knöterich ist aus Naturschutz-Sicht der größte Feind, er breitet sich rapide aus und ist überall in der Stadt zu finden, zum Beispiel an der Korschenbroicher und Südstraße", sagt Barbara Weinthal. Häufig vermehrt sich das Gewächs an Straßen (durch Fahrtwind), sehr oft an Bahnlinien.
Die NVV hat einen Modellversuch an der Krefelder Straße gestartet und nach "Mutterknollen" gegraben. Sie wurden bis zu zwei Meter tief im Boden gefunden. In der Schweiz habe man, so Marcus Klancicar, gute Erfahrung mit Pflanzengiften gemacht. Der Einsatz von Herbiziden sei aber "sehr schwierig an Wasserflächen und -läufen - die Mittel wirken alle fischgiftig".
Das indische Springkraut wandert über Flussläufe und kommt in Mönchengladbach hauptsächlich entlang der Niers vor. Im Gegensatz zu heimischem Springkraut stützt es nicht die Flussböschung. Seine Verbreitung führt zur Erosion der Ufer.
Als der Niersverband das pink blühende Kraut am Rheydter Schloss entfernte, gab es Proteste aus der Bevölkerung. "Aber wir können das Springkraut sich nicht vermehren lassen, schon gar nicht am Schloss. Dort liegt das Naturschutzgebiet Volksgarten in der Nähe", so Weinthal.
In den Naturschutzgebieten gibt es bisher erst einen Verdachtsfall: in Großheide. Außer der Sorge vor der Verdrängung heimischer Pflanzen, ist das Kraut gefährlich für weidende Tiere, die Leberschäden davontragen.