Zahl der Attacken auf Retter steigt

Immer häufiger werden Feuerwehrleute, Sanitäter und Polizisten während eines Einsatzes angegriffen.

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14-mal sind Feuerwehrleute im vergangenen Jahr im Dienst angegriffen worden. Das hört sich bei insgesamt mehr als 40 000 Einsätzen nicht viel an. Aber mitgezählt sind auch nicht die Beleidigungen und Beschimpfungen — und auch nicht die Diebstähle aus Rettungswagen, während die Helfer sich gerade um einen kranken Menschen kümmern, ihm vielleicht sogar das Leben retten. „Sogar eine Trage ist schon gestohlen worden“, sagt Feuerwehrchef Jörg Lampe, „keine Ahnung, was die damit anfangen können“.

René Hartmann, DRK

„Die Zahl der Übergriffe auf Beamte nimmt definitiv zu. Das ist im täglichen Dienst so und steigert sich am Wochenende mitunter ins Unendliche“, sagt Olaf Schulze von der Gewerkschaft der Polizei, Kreisgruppe Mönchengladbach. Er hat außerdem festgestellt, dass die Gewaltbereiten immer jünger werden. „An Karneval hatten wir einen alkoholisierten 15-Jährigen, der randalierte und auf einem Streifenwagen sprang.“

René Hartmann

Üble Beleidigungen gegenüber Polizeibeamten gehörten mittlerweile zum Alltag. Wenn Olaf Schulze die Schimpfwörter aufzählt, die Polizeibeamte sich anhören müssen, steht schnell fest: „Drecksbulle“ gehört noch zu den weniger schlimmen Wörtern. „Wenn ich für jede Beleidigung, die mir widerfährt, eine Anzeige erstatten würden, könnte ich den ganzen Tag nichts anderes tun“, sagt der Gewerkschaftsmann.

Das haben an den Karnevalstagen auch zwei Mitarbeiterinnen des DRK erfahren. Am Karnevalssonntag wurde eine Helferin im Gesicht geschlagen und gekratzt, als sie gerade einen Verletzten nach einer Schlägerei versorgte. Eine andere ehrenamtliche Mitarbeiterin geriet in eine Massenschlägerei und wurde dabei verletzt. Auch beim DRK in Mönchengladbach verzeichnet man eine zunehmende Gewaltbereitschaft und Respektlosigkeit. „Im vergangenen Jahr hat jemand einen Backstein in einen unserer Rettungswagen geworfen. Der Stein verfehlte nur knapp einen Helfer, der gerade einen Patienten versorgte“, sagt René Hartmann vom DRK-Kreisverband.

Die Entwicklung sei mittlerweile so bedrohlich, dass die Mitglieder zu manchen Veranstaltungen aus Sicherheitsgründen gar nicht mehr mit eingebunden werden. „Bei Karnevalsveranstaltungen und in der Nacht zum 1. Mai sind wir oft mit Helmen und Schutzwesten unterwegs“, sagt Hartmann. Und er weiß, dass in anderen Kreisen in NRW DRK-Mitarbeiter auch in stichfesten Westen unterwegs sind.

Der Leiter der Berufsfeuerwehr spricht von einem Gesellschaftsproblem. „Die moralischen Grenzen verschieben sich immer mehr“, sagt Jörg Lampe. Was seine Mitarbeiter häufig zermürbe, sei, dass sie oft dreimal am Tag zum selben Ort ausrücken müssten, um alkoholisierten Menschen zu helfen. „Da kommst du morgens an und stabilisierst einen mit 1,5 Promille. Aber anstatt der aufhört zu trinken, werden wir am Nachmittag wieder gerufen, weil der Pegel auf zwei Promille gestiegen ist. Und am Abend noch mal.“

Olaf Schulze ist seit 22 Jahren Polizist: „Wenn sich die Respektlosigkeit und Gewaltbereitschaft in den nächsten 20 Jahren weiter so steigert wie bisher, dann wird mir angst und bange.“