NRW Nach Großrazzia gegen Familien-Clan: Zoll zeigt die illegale Tabakfabrik
Köln. Eine Lagerhalle auf dem Gelände des Zollkriminalamtes in Köln-Dellbrück. Schon von Weitem steigt einem ein süßlich-fruchtiger Duft in die Nase, der nach wenigen Sekunden schon penetrant wird.
Es ist der Geruch von Wasserpfeifentabak — und zwar von illegal hergestelltem Tabak.
Insgesamt 2367 Kilogramm Wasserpfeifentabak sowie 550 Kilogramm Rohtabak stellten Beamte des Zollfahndungsamtes Essen sowie der Landes- und Bundespolizei bei einem Einsatz am Mittwoch gegen einen deutsch-arabischen Familienclan sicher. Die zwölfköpfige Familienbande im Alter von 15 bis 57 Jahren soll in einer ehemaligen Industriehalle in Langenfeld das Produkt hergestellt, verpackt und es dann unter gefälschten Markennamen bundesweit, aber auch ins europäische Ausland unversteuert an diverse Abnehmer verkauft haben.
„Das, was da in der Halle gefunden wurde, ist deutschlandweit der größte Fund von unversteuerten Wasserpfeifentabak“, erläuterte Oberstaatsanwalt Wolf-Tilman Baumert von der Staatsanwaltschaft Wuppertal, die die Ermittlungen in Auftrag gegeben hat.
Doch nicht nur Tabak wurde während der Razzia sichergestellt, die rund 170 Beamten fanden in 29 Objekten in Solingen, Essen, Langenfeld und Heilbronn auch Herstellungs- und Verpackungsmaschinen, Zutaten für die Produktion von Wasserpfeifentabak sowie Verpackungen. Dazu wurden fünf zum Teil hochwertige Autos und 22.700 Euro Bargeld im Rahmen der Vermögensabschöpfung beschlagnahmt. „Daneben haben wir auch Falschgeld, verbotene Gegenstände, unversteuerte Zigaretten sowie Gegenstände gefunden, die darauf hindeuten, dass auch im Bereich der Fahrzeugzulassung manipuliert wurde“, sagte Zolloberamtsrat Holger Gießelmann.
Um sich die Ausmaße, der Tabakfabrik vor Augen zu führen, wurde in der Kölner Zollhalle der Produktionsbetrieb nachempfunden. In einem Halbkreis wurden Kartons voller Tabak, Maschinen, Kanister, Metallbottiche sowie Wannen mit fertigem Wasserpfeifentabak aufgereiht. Dahinter stapelten sich weitere Kartons und Plastikbottiche.
„Da wurde wirklich mit professionellen Strukturen gearbeitet“, sagte Gießelmann. „So wurde zum Beispiel bei der Verpackung mit einer Vakuummaschine gearbeitet, damit das Produkt möglich echt aussieht.“ Auch der Tabak komme dem Originalprodukt recht nahe, so Gießelmann weiter, wobei die hygienischen Zustände zu wünschen übrig ließen. So wurde der fertige Tabak etwa in schmutzigen Plastikwannen aufbewahrt.
Abnehmer für die Ware hat der Clan dennoch gefunden, wie Baumert verriet: „Die Namen der Käufer sind uns bekannt, und sie waren auch Teil der Hausdurchsuchungen.“ Zu den Kunden zählten unter anderem Shishabars sowie Kioske. Ihnen drohen jetzt laut Baumert Geldstrafen oder auch Haftstrafen von bis zu fünf Jahren.
Eine deutlich höhere Strafe erwartet wohl die Mitglieder des Familienclans. Auf der Vergehensliste stehen außer dem Verstoß gegen das Tabaksteuer- und Umsatzsteuergesetz auch der Verstoß gegen das Markensteuergesetz. Zudem besteht gegen mindestens ein Clanmitglied der Verdacht, mit Betäubungsmitteln zu handeln. Insgesamt beläuft sich der Steuerschaden bisher auf etwa 372 000 Euro Tabak- und Umsatzsteuer. Baumert rechnet damit, dass den zwölf Mitgliedern Haftstrafen von sechs Monaten bis zu zehn Jahren Haft pro Tat drohen.
Bereits seit Januar laufen die Ermittlungen des Zollfahndungsamtes Essen gegen den Familienclan, der sich ein lukratives Geschäft aufgebaut hat.
Zum Vergleich: Ein Kilogramm Wasserpfeifentabak kostet in der Herstellung laut Gießelmann rund fünf Euro. Verkauft wurde die Menge dann für 20 bis 25 Euro. Legal kostet ein Kilogramm im Handel jedoch rund 60 Euro. „Und es gibt viele Abnehmer“, so Gießelmann weiter. „Wir stellen fest, dass der Markt immer größer wird. Ich will nicht sagen, dass der Wasserpfeifentabak dem Zigarettenhandel den Rang abläuft, aber er nähert sich ihm stark an, weil auch die Gewinne größer sind als im Zigarettenbereich.“
Nicht nur deshalb wertet er den Coup von Langenfeld auch als „großen Erfolg“ im Kampf gegen die Clankriminalität.