Innenpolitik Neonazi-Demo in Dortmund: Genug Polizei, zu wenig in Uniform

Düsseldorf · Innenminister Reul (CDU) berichtet im Landtag über die Aufmärsche in Dortmund Mitte September und wehrt sich gegen Vorwürfe, antisemitische Parolen schulterzuckend zur Kenntnis genommen zu haben.

Rechtsextreme demonstrieren vor einer Woche im Dortmunder Stadtteil Marten. Einer steigt auf ein Garagendach und zündet eine Fackel.

Foto: dpa/Robert Rutkowski

Die Frage, ob bei den Neonazi-Aufmärschen in Dortmund vor einer Woche ausreichend Polizei im Einsatz war oder nicht, ist am Donnerstag im Innenausschuss des Landtags diskutiert worden. Eine klare Antwort allerdings gab es nicht. Laut Innenminister waren mehr als genug Einsatzkräfte vor Ort, um das Geschehen zu beherrschen. Laut Opposition im Landtag aber nicht genug, damit sich die Anwohner – insbesondere die mit dunkler Haut – sicher fühlten.

 Detailliert schilderte Minister Herbert Reul (CDU) die Versuche des Dortmunder Polizeipräsidiums, zu verhindern, dass die Partei „Die Rechte“ durch die Bereiche von Dorstfeld zieht, welche von Angehörigen der rechten Szene bewohnt und durch Wandschmierereien als „Nazi-Kiez“ tituliert würde – und wie diese Versuche vor dem Verwaltungs-, dann vor dem Oberverwaltungsgericht scheiterten. 60 bis 80 Teilnehmer waren für diesen Aufzug, 60 für den späteren im Stadtteil Marten angemeldet –zahlreiche Auflagen zu Plakaten, Pryrotechnik sowie ein Alkoholverbot habe es gegeben.

Bereits bei der ersten Kundgebung, so Reul, sei skandiert worden: „Wer Deutschland liebt, ist Antisemit.“ Zudem wurden aus einem Wohnhaus Leuchtfackeln gezündet – die Wohnung werde durch einen Angehörigen der rechten Szene bewohnt, eine Anzeige wurde erstattet. Auch beim zweiten Aufzug in Marten wurde skandiert – unter anderem „Nationaler Sozialismus jetzt!“ Ein Mann trug eine Reichskriegsflagge in den Händen und ein Shirt mit dem Totenschädel der „SS-Totenkopfdivision“. Dort entstanden die Bilder, bei denen vermummte Personen auf einem Garagendach Pyrotechnik zündeten – sie flüchteten über angrenzende Grundstücke.

Die SPD warf Reul vor, er habe angesichts antisemitischer Parolen nur mit den Schultern gezuckt. „Das verletzt mich und ich finde es nicht fair“, sagte der Innenminister. „Ich verwehre mich total dagegen, dass ich das herunterspiele. Für mich ist es unerträglich, dass so etwas 70 Jahre nach dem dunkelsten Kapitel der deutschen Geschichte auf deutschen Straßen passiert.“  Die Rufe würden noch auf strafrechtliche Relevanz geprüft, die Rechtsextremen seien aber sehr erfinderisch darin, sich gerade noch im Rahmen des Gesetzes zu bewegen. Dass der Einsatz im Präsidium Dortmund nun noch einmal aufgearbeitet werde, habe er selbst angeregt, „weil ich ein ungutes Gefühl hatte“. Aber: Es seien 100 Polizisten vor Ort gewesen, es habe ein Verhältnis von 1:1 bei Demonstranten und Einsatzkräften gegeben. „Das würde sich die Polizei manchmal wünschen“, so Reul.

Die Opposition indes kritisiert, dass viele der Polizisten Zivilkräfte waren. Nadja Lüders (SPD) berichtet von Bürgern, die sie anriefen, weil sie sich während der Demos nicht nach Hause getraut hätten: „Wo ist denn der starke Staat?“ Berivan Aymaz (Grüne) bekräftigte: „Sicherheit muss auch ausgestrahlt werden.“ Minister Reul sagte zu, in Zukunft mehr Kräfte auch in Uniform einzusetzen.