Piotr Anderszewski als Pianist und Filmmacher Es geht auch ohne Ohrwürmer

Düsseldorf · Der polnische Pianist Piotr Anderszewski kommt mit einem anspruchsvollen Klavierprogramm nach Düsseldorf. Im Schumann-Saal zeigt er zudem einen eigenen Film.

Der polnische Pianist Piotr Anderszewski, geboren 1969 in Warschau, stellt seine Heimat in den Mittelpunkt einer Matinee zwischen Klavierrecital und Film. Schon der Filmtitel lässt die Verwurzelung des Pianisten in Warschau erkennen: „Warsaw Is My Name“. Warum hat er den Film gemacht? Anderszewski sagt: „Es war eine Art Therapie.“ Er habe eine sehr emotionale und schmerzhafte Beziehung zu Warschau. „Daraus wollte ich etwas Kreatives machen.“

In dem Film fällt bis auf kurze Passanten-Gespräche kein einziges Wort, dafür erklingt umso mehr Musik zwischen Frédéric Chopin, Karol Szymanowski, Anton Webern – von Anderszewski selbst auf dem Klavier eingespielt – und einem nostalgischen polnischen Schlager von einer knisternden Schallplatte. Zu hören sind auch Stadtgeräusche zwischen Straßenverkehr und bewegten Gewässern. Viele Bilder zeigen schöne Flecken, manche aber auch die Tristesse der Nachkriegsarchitektur; eingefügt sind auch historische Filmdokumente von der Stadtzerstörung durch die deutschen Nationalsozialisten.

Beim Klavierfestival Ruhr tritt Anderszewski nun im Robert-Schumann-Saal als Pianist und Filmmacher auf. Auf dem Programm stehen Mazurken op. 50 von Szymanowski, Bagatellen von Béla Bartók und verschiedene Kompositionen Johann Sebastian Bachs – eine musikalisch herausfordernde Zusammenstellung, die gewissermaßen eine ohrwurmfreie Zone schafft. „Die Grundidee dahinter ist Tanz und Kontrapunkt“, erklärt Anderszewski. Er wolle mit dem Programm zeigen, wie die drei Komponisten diese Parameter kombinieren – jeder auf seine ganz eigene Weise.

Nun gehört Anderszewski zu den besonders ernsthaften Musikern fernab der breitenwirksamen Glitzer-Abteilung des Klassikbetriebs. Rasche Erfolge sind ihm nicht ganz geheuer. Erinnert sei dazu an einen bemerkenswerten Vorfall im Jahr 1990 beim Klavierwettbewerb in Leeds: Mitten im Halbfinale brach er sein Spiel einfach ab – nicht, weil er nicht mehr weiterwusste, sondern weil ihm sein eigenes Spiel qualitativ nicht genügte. Und das zur großen Überraschung der Jury, die ihm eigentlich große Chancen für das Finale eingeräumt hatte.

Das Klavierspiel Anderszewskis klingt ungemein gefühlvoll – seltener im Sinne emotionaler Ausbrüche als vor allem in Form von innerer Einkehr und Konzentration auf das Wesen der Werke, das es auszuloten gilt. Bachs „Wohltemperiertes Klavier“ interpretiert er klangsinnlich auf dem modernen Flügel, ohne zu romantisieren, dabei sehr transparent und luzide, aber keineswegs trocken akademisch.

Sein Leben verbringt Anderszewski, der zunächst an der Warschauer Chopin-Universität für Musik sowie an Konservatorien in Frankreich und den USA studierte, in Paris. Schon seit 1990 hat Anderszewski seinen Wohnsitz an der Seine. In jungen Jahren lernte er von großen amerikanischen Kollegen wie Leon Fleisher und Murray Perahia, mit denen er später auch schon mal gemeinsam konzertierte. Aufgetreten ist Anderszewski in fast allen wichtigen Konzertsälen: der Berliner Philharmonie, Londoner Wigmore Hall und New Yorker Carnegie Hall. Unter Vertrag ist der Pianist bei dem Label Warner Classics, wo er neben Chopin auch viel Szymanowski auf eine Weise eingespielt hat, die das poetische Moment dieser frühen Moderne emotional erlebbar macht.

Matinée Am Sonntag, 9. Juni, 11 Uhr, wird Piotr Anderszewski im Robert-Schumann-Saal Düsseldorf gastieren. Auf das Klavier-Recital mit Werken von Bach, Bartók und Szymanowski folgt um 13 Uhr die Vorführung des Films „Warsaw Is My Name“ mit anschließendem Künstlergespräch. Informationen zum Kartenerwerb gibt es unter: