Verursacher der Kinderlähmung Polioviren in Düsseldorf gefunden – das sagen Stadt, Eltern und Mediziner
Düsseldorf · Nachgewiesen werden konnten bislang Erreger, die auf eine Schluckimpfung zurückgehen. In Deutschland gilt die Krankheit seit 1992 als ausgerottet.
(mbo/jj) Im Abwasser gefundene Polioviren beschäftigen nun auch die Stadt Düsseldorf und ihre Bürger. Nachgewiesen werden konnten bislang solche Viren, die auf eine Schluckimpfung zurückgehen. Das Robert Koch-Institut und Kinderärzte sehen allerdings nur eine geringe Ansteckungsgefahr. Positive Nachweise im Abwasser hatte es zuvor bereits in anderen deutschen Städten gegeben, zum Beispiel in München, Köln, Bonn und Hamburg.
Polioviren können Kinderlähmung verursachen. In Deutschland gelten die Erreger bereits seit mehr als 30 Jahren als ausgerottet. Impfungen werden hierzulande seit 1998 mit abgetöteten Polioviren verabreicht. In einigen Ländern außerhalb Europas ist dagegen noch die Schluckimpfung verbreitet. Darin enthalten sind abgeschwächte, aber lebende Polioviren. Diese können nach der Impfung noch für kurze Zeit ausgeschieden werden und womöglich ein Risiko darstellen. Viren eines solchen Typs wurden nun unter anderem im Düsseldorfer Abwasser nachgewiesen.
Über die Konzentration der Viren könne – wie auch bei den anderen im Abwassermonitoring getesteten Erregern – keine Aussage getroffen werden, teilt eine Sprecherin der Stadt auf Nachfrage der Redaktion mit. „Es konnte vom Robert-Koch-Institut lediglich eine qualitative Aussage getroffen werden – es sind entsprechende Viren im Abwasser“, heißt es. Tatsächliche Polio-Verdachtsfälle seien nicht bekannt.
„Es erstaunt einen schon, dass Krankheitserreger wieder auftauchen, die man als Eltern für abgehakt gehalten hat“, sagt Bastian Schubert, Sprecher der Düsseldorfer Kita-Eltern. Große Sorgen macht er sich angesichts der umfassenden Impfungen seines Nachwuchses nicht. Das gehe sicher den meisten Familien so, da die Polio-Impfung in Deutschland Standard sei. „Allerdings darf man nicht vergessen, dass es Kinder gibt, die aus medizinischen Gründen nicht geimpft werden dürfen oder die in Familien aufwachsen, in denen Impfungen unerwünscht sind“, betont Schubert.
Diese beiden Gruppen umtreiben auch Stefan Fischer, Vorstandsvorsitzender des Deutschen Roten Kreuzes (DRK), das in Düsseldorf zahlreiche Kitas betreibt. Gerade für Kinder, die aus Ländern mit komplett anderen Impfsystemen stammten, könne es nun ein womöglich erhöhtes Risiko geben. „Die Mitarbeiter in den Kitas werden entsprechend für das Thema sensibilisiert und werden Eltern bei Bedarf auch pro-aktiv ansprechen“, sagt er. Gleiches gelte auch bei Familien, deren Kinder zwar in Deutschland aufgewachsen seien, bei denen man aber wisse oder ahne, dass eine Impfung wahrscheinlich nicht vorgenommen wurde.
Das NRW-Gesundheitsministerium hatte den positiven Nachweis in der Landeshauptstadt schon am Mittwoch bekannt gegeben. In der Praxis von Kinderärztin Monica Naujoks haben sich seitdem noch keine besorgten Eltern gemeldet.