Am Landgericht Aachen hat am Montagmorgen der Prozess gegen sechs Angeklagte begonnen, die in Hückelhoven synthetische Drogen im ganz großen Stil produziert haben sollen. Ihnen wird vorgeworfen, in einem Drogenlabor in einer Lagerhalle mehr als fünf Tonnen MDMA-Base hergestellt zu haben. Es ist einer der größten Drogenfunde in Deutschland seit mehreren Jahrzehnten. „Es handelt sich hier um das größte MDMA-Labor, das seit 23 Jahren in Deutschland sichergestellt wurde“, sagte Staatsanwältin Katja Schlenkermann-Pitts unserer Redaktion bereits im vergangenen Jahr.
Den Angeklagten wird bandenmäßiges Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge vorgeworfen. Drei Angeklagte im Alter von 54, 57 und 58 Jahren sollen in der Hückelhovener Lagerhalle das Drogenlabor eingerichtet und im Zeitraum zwischen November 2023 und Mai 2024 tonnenweise MDMA-Base hergestellt haben, die beispielsweise zur Herstellung von Ecstasy-Tabletten verwendet wird. Damit sollen die Männer laut Anklage einen Erlös von mehr als 14 Millionen Euro erzielt haben.
Angeklagt sind insgesamt sechs Personen. Neben den drei mutmaßlichen Haupttätern sind das drei Personen im Alter von 45, 56 und 60 Jahren, denen die Anklage Beihilfe zur Tat vorwirft. Sie sollen Fahrzeuge zur Verfügung gestellt haben und ein weiteres Lager in Nettetal vermietet haben, in dem die Drogen zwischengelagert worden sein sollen.
Zum Verhandlungsauftakt am Montag passierte im Gericht noch relativ wenig. Es haben allerdings mehrere Angeklagte ihre Bereitschaft bekundet, sich inhaltlich zu den Vorwürfen einlassen zu wollen – jedoch zu einem späteren Zeitpunkt. Auch mehrere Zeugen werden vor Gericht noch gehört werden.
Vor fast genau einem Jahr hatten Zollfahnder in Hückelhoven nach langen Ermittlungen den riesigen Fund gemacht: Auf 500 Quadratmeter hoben sie das hochprofessionelle Labor aus. Vor Ort stellten sie unter anderem auch fast 200 Kilogramm MDMA, rund 4700 Liter Chemikalien zur Herstellung von MDMA sowie mehr als 130.000 Euro Bargeld sicher.
Nach Angaben von Zoll und Staatsanwaltschaft hätten aus dem sichergestellten MDMA mehr als 1,3 Millionen Ecstasy-Tabletten hergestellt werden können. Allein das am Zugriffstag sichergestellte Material hätte für einen Straßenverkaufswert von 10,4 Millionen Euro sorgen können. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass in den Monaten zuvor dort bereits mehrere Tonnen MDMA hergestellt worden sind.
Wie die Staatsanwaltschaft mitteilte, zogen sich die Maßnahmen und Sicherstellungen hin und dauerten aufgrund der zu beachtenden Vorschriften über den Umgang mit Chemikalien und der enormen Größe des Drogenlabors insgesamt über sechs Tage. Von dem Ausmaß des Labors und der vorgefundenen Menge an Rauschgift vor Ort waren letztlich aber auch die Beamten beeindruckt.
Bereits Anfang 2024 hatten die Ermittler, Zollfahnder aus Essen, Wind von dem Drogenlabor bekommen. Im Februar 2024 war bei einer Grenzkontrolle eine übermäßig große Menge von Chemikalien gefunden worden. Das hielt die Täter aber offenbar nicht von der Arbeit ab: Am 8. Mai 2024 beobachteten die Ermittler eine erneute riesige Chemielieferung per Lkw an das Labor in Hückelhoven: Rund 3000 Liter Chemikalien sollen dort angekommen sein. Drei Tage später erfolgte der Zugriff. Dabei war einer der nun Angeklagten, ein 57 Jahre alter Deutscher, festgenommen worden.
Kurz darauf hatte die Spur auch in den Kreis Viersen geführt: In Nettetal fanden die Beamten einen mutmaßlich als Lager genutzten Vierkanthof. In Schwalmtal wurde ein damals 59-jähriger deutscher Tatverdächtiger festgenommen. Ein damals 56-Jähriger war wiederum kurz darauf in den Niederlanden festgenommen worden, nachdem in den Niederlanden und Belgien insgesamt sechs Objekte durchsucht worden waren.
Hinter der Tat soll eine international operierende Drogenbande aus Deutschland und den Niederlanden stecken. Ob es sich bei den Angeklagten dabei um die Haupttäter oder lediglich um Handlanger handelt, wird vor Gericht ebenfalls zu klären sein.
Das Landgericht stellt sich auf einen langwierigen Prozess ein. Insgesamt sind gleich neun Verhandlungstage angesetzt. Ein Urteil ist nach derzeitigem Stand für den 24. Juni vorgesehen.